Geschrieben Donnerstag, August 18, 2005 @ 09:57:52
Interessanterweise ist Prinzessin
Caraboo eine historisch verbürgte Person, die damals in
England ein gewaltiges Aufsehen erregt hat... Das muss so in
etwa zu Jane Austens Zeiten gewesen sein...
Die Prinzessin tauchte eines Tages an der Küste Englands
auf, keiner verstand die Sprache, die sie redete, ihre Schrift
konnte niemand entziffern... Man vermutete, sie käme aus
Sumatra, Indien oder China, aber niemand konnte das genau
sagen... Sie lebte dann einige Zeit bei der Familie, die sie
auf der Straße fand... man vermutete ob ihres exotischem
Verhaltens, dass sie ein orientalische Prinzessin sein
müsse... Z.B. kletterte sie mit Pfeil und Bogen in den Bäumen
herum, kleidete sich - hm, sagen wir mal - für englische Augen
exotisch...
Später ging sie nach Bath und wurde dort in den Salons
herumgereicht und bestaunt... Die Gelehrten und
Forschungsreisen der Zeit zerbrachen sich den Kopf, wer sie
sein könnte... Und es heißt, noch heute werde ein Papier der
Prinzessin Caraboo in der Oxforder Bibliothek aufbewahrt, das
die damals renommiertesten Sprachensachverständigen vergeblich
zu entziffern versuchten...
Schlussendlich stellte sich heraus, dass die Prinzessin
Caraboo eine arme Waise und ein Dienstmädchen, mit
"zweifelhaften Leumund" gewesen war, die alle an der Nase
herumgeführt hatte... Sie spielte die Prinzessin aber so
überzeugend - und sie war wohl auch selbst davon überzeugt -
dass jederman sie für eine echte Prinzessin hielt...
Aufgeflogen ist sie letztendlich nur, weil eine ehemalige
Zimmerwirtin sie zufällig anhand eines Bildes in einer Zeitung
erkannte... Das arme Mädchen wanderte daraufhin aus - nach
Amerika... Die letzte verbürgte Nachricht von ihr enthält ein
Bericht von der Insel St. Helena, wo sie auf ihrer Reise
Napoleon besuchte, der von ihr so sehr beeindruckt gewesen
sein soll, dass er sie angeblich dabehalten und heiraten
wollte... Sie muss eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen
sein...
Über die Prinzessin und andere englischen Exzentriker gibt
es sehr schöne Geschichten in dem lesenswerten Buch aus den
30ger Jahren von Edith Sitwell, die selbst eine
begnadete Exzentikerin war (eigentlich sind es 2 Bücher... im
2. Band ist die Geschichte der Prinzessin auf den Seiten 101
bis 117 beschrieben)...
Und die Geschichte endet so (mit einem Auszug aus dem
"Bristol Journal" von 13. September 1817):
... Sir Hudson fügt hinzu: »Die
erkennbare Vertrautheit mit der malaiischen Sprache, welche
diese ungewöhnliche Persönlichkeit an den Tag legt (und manch
einer auf der Insel versteht jene Sprache) scheint zusammen
mit der Kenntnis, die sie von indischer und chinesischer
Politik besitzt, sowie der Begeisterung, mit der sie über
diese Gegenstände spricht, jeden davon zu überzeugen, daß sie
keine Schwindlerin ist. Ihr Auftreten ist wunderbar
aristokratisch und bezaubernd.«
In einem privaten Brief findet sich noch nachstehende
Erklärung zu der oben gemachten Aussage: »Seit dem Eintreffen
jener Dame mit dem vornehmen Gebaren scheint Bonaparte in
Miene und Aussehen wie ausgewechselt. Zuvor zurückhaltend und
niedergeschlagen, ist er jetzt voll Lebensfreude und
Gesprächsbereitschaft. Man hört keine Klagen mehr über
Unbequemlichkeiten in Longwood. Er hat Sir Hudson zu verstehen
gegeben, daß er entschlossen sei, vom Papst einen Dispens zu
erlangen, um seine Ehe mit Marie Louise annullieren und sich
in unauflöslicher Gemeinschaft mit der liebenswürdigen Caraboo
verbinden zu können.«
Das ist das letzte, was wir über die liebreizende und
unglückselige Prinzessin Caraboo hören - außer einem Gerücht,
demzufolge sie nach England zurückgekehrt sei und dort ihren
Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Blutegeln verdient
habe.
Bruki
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"There’s no one to touch Jane when you’re in a
tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard
Kipling, The Janeites)