moon:e | JaneAustenFreunde

"Every dam' thing about Jane is remarkable to a pukka Janeite!" - Rudyard Kipling

JaneAustenFreunde Board Archiv
    |- Jane Austen > Ihr Werk
Verstand & Gefühl
Autor Beiträge
Lilly
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft:
Registriert: Dez 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 197

Stimmung:


Geschrieben Donnerstag, Januar 6, 2005 @ 17:45:41  

hallo!
ich habe mich schon lange gewundert, warum J.A. die Annäherung zwischen Marianne & Colonel Brandon nach ihrer schweren Krankheit nicht genauer ausbaut und direkter darstellt. ich glaube mich zu erinner, dass sie sogar schriebt, Marianne heiratet Brandon erst, ohne für ihn mehr, als tiefe freundschaft und dankbarkeit zu empfinden. das ist doch wirklich hart! kurz darauf schwächt aber J.A. alles wieder ab, indem sie sagte, dass Marianne nie halbherzig llieben konnte und brandon bald genauso aufrichtig zugetan isr, wie einst willoughby.
ähnlich verhält sich J.A. bei Fanny & Edmund. die zwei kommen auch in einem kurzen absatz ganz am ende der geschichte zusammen.
warum zeigt J.A. nicht näher die wandlung von Edmund bzw. Marianne? weil der roman sonst zu lang wird? finde ich sehr schade! hätte gern mehr dazu gelesen! bei J.A.s anderen Romanen wurden solche geschichten auch besser ausgeführt!
wie seht ihr das? wart ihr bei dem kurzen ende (sowohl V&G und MP) nicht ein wenig enttäuscht?

glg Lilly

julemaus09
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft: Bayern
Registriert: Dez 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 212

Stimmung:


Geschrieben Donnerstag, Januar 6, 2005 @ 17:57:49  

Ich war bei dem kurzen Ende von Verstand und Gefühl auch irgendwie enttäuscht und hab mich das auch schon gefragt, habe aber keine Erklärung dafür....
MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Donnerstag, Juni 9, 2005 @ 18:31:07  

Hallo Kerstin,

im Schurken-Thread schriebst Du:

Quote:
Jane Austen umschreibt es zwar vornehm, aber genau das ist der Jugendliebe von Colonel Brandon passiert. Sie wurde von "Mann zu Mann" weitergereicht....

Ich will jetzt in diesem Thread antworten, weil ich denke, die Antwort passt hier besser hin...

Ich befürchte, ich muss einen anderen Standpunkt einnehmen in der Frage, ob Jane Austen das vornehm umschreibt oder es etwas anders darstellt als Du meinst...

Was sagt Jane Austen zu Eliza Brandon?

Eliza war die Jugendliebe Oberst Brandons. Sie wurde von ihrem Vormund mit dem Bruder des Obersten verheiratet als sie 17 war... Oberst Brandon berichtet Elinor Dashwood im 9. Kapitel des 2. Teils vom Schicksal seiner Cousine:

„Sie besaß ein großes Vermögen, und unser Familiensitz war mit hohen Schulden belastet. Und ich fürchte, das ist alles, was sich über das Verhalten eines Mannes sagen lässt, der zugleich ihr Onkel und ihr Vormund war. Mein Bruder verdiente sie nicht, er liebte sie nicht einmal. ... Mein Bruder empfand nichts für sie. Seine Vergnügungen waren nicht der Art, wie sie hätten sein sollen, und von Anfang an behandelte er sie lieblos. ... darf man sich wundern, dass sie mit einem solchen Mann, der Untreue geradezu herausforderte, und ohne einen Freund, der ihr hätte raten und sie zurückhalten können – mein Vater lebte nach ihrer Hochzeit nur noch wenige Monate, und ich selbst war mit meinem Regiment in Ostindien –, dass sie da moralisch sank?“

Die Folge davon war eine unglückliche Ehe, die nach zwei Jahren geschieden wurde... Nach drei weiteren Jahren kam Oberst Brandon aus Ostindien zurück und machte sich auf die Suche nach seiner Jugendliebe:

„Ich konnte ihre Spur nur so weit verfolgen, bis sie das erste Mal verführt worden war, und ich hatte allen Grund zu befürchten, dass sie sich von ihrem Liebhaber nur getrennt hatte, um noch tiefer in ein sündiges Leben hinabzusinken. Die ihr gesetzlich zugestandene Unterhaltssumme entsprach weder ihrem Vermögen, noch reichte sie für eine angemessene Lebensführung aus, und ich erfuhr von meinem Bruder, dass die Berechtigung zu ihrem Empfang einige Monate zuvor auf eine andere Person übertragen worden war. Er nahm an – und mit welcher Ruhe vermochte er das anzunehmen! –, dass ihr extravaganter Lebensstil und die nachfolgende Not sie gezwungen hatten, sie zu veräußern, um sofort einige Hilfe zu erhalten.“

Am Ende findet Oberst Brandon Eliza im Schuldgefängnis, krank und elend... an der Schwindsucht sterbend... Und Oberst Brandon vermutet, dass

„... wäre die liebenswerte Veranlagung [Elizas] durch einen festeren Willen oder eine glücklichere Ehe geschützt gewesen, dann wäre sie so geworden, wie Sie es an [Marianne] noch erleben werden. ...“

Also, ist Eliza in den Augen Oberst Brandons, den man hier auch ohne weiteres als Vertreter Jane Austens sehen kann, kein unschuldiges Opfer, keine arme ausgebeutete Waise, die von bösen Männern von „Hand zu Hand weitergereicht“ wurde... - Das von „Mann zu Mann weiterreichen“ befürchte ich, hast Du von Emma Thompson, die die Handlung von „Sense & Sensibility“ im feministischen Sinn etwas „modernisiert“ hat - und aus der reichen Eliza eine arme Waise machte, ihren Ehebruch und ihre Scheidung unterschlagend sie von bösen Männern „weiterreichen“ ließ... - Das ist Emma Thompson, aber nicht Jane Austen...

Bruki

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Kerstin
RitterIN

Geschlecht: weiblich
Herkunft: NRW
Registriert: Jun 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 716

Stimmung:


Geschrieben Donnerstag, Juni 9, 2005 @ 22:52:43     ICQ

Ist ja eigentlich noch viel schlimmer! Da wird sie nur wegen ihrem Vermögen verheiratet, an einen Mann, der sich nicht im geringsten für sie interessiert. Und am Ende verliert sie ihr Vermögen ( das ging dann netterweise an den Ehemann über) und wird auch noch dafür bestraft, dass sie untreu war? Meine Güte, da war Emma Thompson aber schon zurückhaltend.
Man stelle sich mal vor, vom Vormund gezwungen, irgendeinen Typen zu heiraten, den man nicht liebt, der einen auch nicht liebt und dessen einziges Interesse das Vermögen ist. Das bekommt man dann nach der Scheidung abgenommen ( womit Jane Austen den gesellschaftlichen Abstieg nach einer Scheidung sehr deutlich darstellt, hatten wir das nicht auch schon mal diskutiert? ) und wird dann von Mann zu Mann durchgereicht. Man ist ja eh eine untreue Ehefrau gewesen, was solls.
Da wäre die Geschichte vom armen Waisenkind ja noch nett gegen.
Grüße,
Kerstin

--------------------
"Sei ohne Furcht im Angesicht von Boardproblemen, sei tapfer und aufrecht auf das das Board dich lieben möge, sprich stets die Wahrheit, auch wenn dies eine Menge böser Mails bedeutet. Beschütze die Mitglieder, tue keinem Unrecht. Dies ist dein Eid. Erhebe dich als Admin!"

MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Freitag, Juni 10, 2005 @ 12:10:07  

Hallo Kerstin,

das ist jetzt seltsam, wie wir das so völlig anders lesen, was Jane Austen da über die Eliza-Brandon-Affäre schrieb...

Es ist ja bei vielen der Filme so, dass man die Änderungen je nach dem unterschiedlich beurteilt... Als Modernisierung der Fassung bin ich - übrigens wie bei Rozemas Mansfield Park - der Meinung, dass die Emma-Thompson-Version ihre künstlerische Berechtigung hat... Da bin ich kein Purist wie die meisten hier... Aber ich mag Fundamentalisten jeglicher Coleur - das muss irgendwie mit meiner Sozialisation zusammenhängen...

Doch ich wollte eigentliche darauf hinweisen, dass Jane Austen nichts davon geschrieben hat, dass Eliza ohne eigenes Zutun in das Elend geraten ist... Und dass es das "Weiterreichen von Mann zu Mann" bei Jane Austen nicht gegeben hat...

Warum bist Du über die Feststellung, dass sie "wegen ihrem Vermögen verheiratet" wurde, so verwundert? Ich schätze mal, in den Romanen Jane Austens sind 3/4 der Paare ohne "Liebe" in die Ehe gegangen... - Es ist doch auf jeden Fall etwas völlig anderes, dass sie verheiratet wurde, als wenn sie verstoßen wurde, weil sie als angebliche "Erbschleicherin" den späteren Oberst Brandon heiraten wollte... (NB: Es war vor der Heirat sogar eine Flucht der Verliebten nach Schottland geplant, die einen Tag vor der Ausführung am Verrat einer Bediensteten scheiterte!!!)

Der soziale Abstieg Elizas bestand doch darin, dass sie nach der Scheidung - trotz Abfindung - über ihren finanziellen Verhältnissen lebte... - Ich glaube, dass auch Marianne und Elinor nach Deiner Lesart nach dem Tod ihres Vaters einen "sozialen Abstieg" erlebten, die beiden werden das aber nicht so gesehen haben - und vielleicht Jane Austen auch nicht...

Warum Du die Geschichte mit dem Waisenkind "netter" findest, verstehe ich nicht?

Bruki

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Kerstin
RitterIN

Geschlecht: weiblich
Herkunft: NRW
Registriert: Jun 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 716

Stimmung:


Geschrieben Freitag, Juni 10, 2005 @ 13:06:24     ICQ

Natürlich wurde nicht aus Liebe geheiratet. Aber so, wie es sich im Roman anhört, hat man sie einfach verheiratet und ihr dann das Geld abgenommen. Nach der Scheidung bekam sie ein Almosen.
Quote:
Die ihr gesetzlich zugestandene Unterhaltssumme entsprach weder ihrem Vermögen, noch reichte sie für eine angemessene Lebensführung aus.
 

Bedenke, sie hat das Geld in die Ehe gebracht. Dumm gelaufen. Und anscheinend war es so großzügig bemessen wie das Vermögen, was die Dashwoodschwestern von ihrem Bruder bekamen.
Das die Dashwoodschwestern ihren sozialen Abstieg mitbekommen haben, dürfte doch wohl klar sein.
Darum dreht es sich doch in diesem Buch... das hat Emma Thompson schon gut erkannt. Die Mädchen geraten ohne eigene Schuld in die Abhängigkeit von Verwandten und müssen sehen, wie sie durchkommen.
Ich glaube, wir haben zwei verschiedene Bücher gelesen.
Grüße,
Kerstin

--------------------
"Sei ohne Furcht im Angesicht von Boardproblemen, sei tapfer und aufrecht auf das das Board dich lieben möge, sprich stets die Wahrheit, auch wenn dies eine Menge böser Mails bedeutet. Beschütze die Mitglieder, tue keinem Unrecht. Dies ist dein Eid. Erhebe dich als Admin!"

MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Freitag, Juni 10, 2005 @ 17:33:06  

Quote:
Ich glaube, wir haben zwei verschiedene Bücher gelesen.

Hallo Kerstin,

nein das glaube ich nicht... NB: Ich stell mir immer vor, dass Du Dich köstlich amüsierst, wenn Du Deine Postings schreibst... Ich hab, wenn ich was von Dir lese, das Gefühl, dass Du beim Schreiben immer vordichhinkicherst...

Nein, nein, nein, die Abhängigkeit von Verwandten ist nicht ein Problem des Geldes... Das hat miteinander nichts zu tun... Verwandte halten zusammen und helfen sich, das ist ein eherner Heeresgrundsatz im Leben der Austens... Und so auch nicht ein Problem des "sozialen" Ab- oder Aufstiegs... Jane Austen hatte, meiner Meinung nach, eine andere Vorstellung von Gentry... Bildung, Verhalten, Kultur, Lebensart, Nature and Education... Wie viel Geld man hatte, war schon wichtig - aber nicht ausschlaggebend. Jane Austen hat sich sicher zur Gentry gehörend gefühlt, auch wenn ihr Bruder in Kent mehr Geld hatte, und sie auf seine Hilfe angewiesen war... Und sie war bestimmt nie sozial deklassiert oder hat sich so gefühlt - sie war eine Austen, right or wrong...

Der soziale Auf- oder Abstieg war in Jane Austens Romanen immer eine Frage der Moral, und die resultierte direkt aus dem Verhalten des Einzelnen... Verhielt man sich unmoralisch, war man deklassiert, Geld hin oder her... Und Eliza verhielt sich unmoralisch... auch nach ihrer Scheidung. Wenn sie sich einen Liebhaber nahm und diesen anschließend wieder verließ... deklassierte sie sich selbst...

Hast Du zu diesem Thema mal das Buch "Die Herrin von Wildfell Hall" von Anne Bronte gelesen? Irgendwie schwebt mir das jetzt immer im Hinterkopf herum... Anne ließ das Buch kurz nach der Zeit Jane Austens spielen (ca. 1820-25)... Die Gemeinsamkeiten der Handlung des Bronte-Romans zur Eliza-Affäre sind sichtbar: Eine Ehe, ein junges unerfahrenes Mädchen, der unverbesserliche aber mitreißende Wüstling, der moralische Abstieg beider, die Flucht der Frau (unter Zurücklassung ihres Geldes und Einkommens), sie lebte von ihren Bildern und unter dem Schutz ihres Bruders... am Ende stand der Tod ihres Mannes als versoffenes Wrack... Sie verhielt sich "moralisch" und wurde mir irdischem Glück belohnt... und der Mann starb als verstockter Sünder und wanderte geradewegs in die Hölle - kann man annehmen... (Sowas würde heutzutage natürlich nicht mehr funktionieren... )

Der entscheidende Passus in diesem Abschnitt des Romans "Verstand und Gefühl" ist der: "einen festeren Willen oder eine glücklichere Ehe". - Diesen beiden "Schutzwälle" hätten Eliza geschützt, und nur einer der beiden ist von den äußeren Umständen abhängig... Ihre familiäre Bindung und - wenn diese sie nicht hält - ihr eigener Wille... Das ist die Jane Austen, deren Romane ich lese...

Bruki

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Kerstin
RitterIN

Geschlecht: weiblich
Herkunft: NRW
Registriert: Jun 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 716

Stimmung:


Geschrieben Freitag, Juni 10, 2005 @ 23:00:36     ICQ

Quote:
Ich hab, wenn ich was von Dir lese, das Gefühl, dass Du beim Schreiben immer vordichhinkicherst...
 

Also wirklich....
Ich glaube, mit Eliza hatte sie Mitleid, weil sie sich nicht freiwillig in diese Situation begeben hat. Jane Austen hat da schon feine Unterschiede gemacht.
Maria Bertram geht willentlich eine Ehe mit einem Mann ein, den sie nicht liebt, und bekommt nach ihrem Fehltritt ihre Strafe.
Aber bei Eliza versucht Colonel Brandon, sie zu retten. Die Ursache ihrer Lage liegt ja in einer quasi erzwungenen Ehe. Und da schaut Jane Austen wohl doch anders drauf.
Und die finanzielle Abhängigkeit von Verwandten ist nun auch kein besonders angenehmes Leben, denn man hat schließlich dafür ewige Dankbarkeit zu leisten.
Der Cousin hilft den Dashwoodschwestern freiwillig, aber ihr Bruder, der genug Vermögen hat, seine Schwestern angemessen zu unterstützen, zeigt sich knauserig und nimmt ihnen ihren gewohnten Lebensstil. Und ohne Geld ist man von der Gesellschaft ausgeschlossen. Man kann keine Gäste empfangen, wenn das Haus klein und schäbig ist. Man kann keine Reisen machen, wenn man kein Geld für die Kutsche hat und man kann sich keine Kleidung leisten, mit denen man eventuell auf Bälle gehen könnte. Und dieser Abstieg ist für die Dashwoodschwestern spürbar, ob sie nun noch zur Gentry gehören oder nicht.
Für den Heiratsmarkt sind sie auch uninteressant, weil ihnen die Mitgift fehlt. In der Austenschen Gesellschaft ist das schon ein ziemlicher Abstieg.
Grüße,
Kerstin

--------------------
"Sei ohne Furcht im Angesicht von Boardproblemen, sei tapfer und aufrecht auf das das Board dich lieben möge, sprich stets die Wahrheit, auch wenn dies eine Menge böser Mails bedeutet. Beschütze die Mitglieder, tue keinem Unrecht. Dies ist dein Eid. Erhebe dich als Admin!"

Kerstin
RitterIN

Geschlecht: weiblich
Herkunft: NRW
Registriert: Jun 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 716

Stimmung:


Geschrieben Freitag, Juni 10, 2005 @ 23:01:53     ICQ

Ich gestehe übrigens, bis auf "Jane Eyre" noch nie einen Bronte Roman in der Hand gehabt zu haben. Von "Wuthering Heights" kenne ich nur die Verfilmungen.

--------------------
"Sei ohne Furcht im Angesicht von Boardproblemen, sei tapfer und aufrecht auf das das Board dich lieben möge, sprich stets die Wahrheit, auch wenn dies eine Menge böser Mails bedeutet. Beschütze die Mitglieder, tue keinem Unrecht. Dies ist dein Eid. Erhebe dich als Admin!"

MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Samstag, Juni 11, 2005 @ 15:26:38  

Hallo Kerstin,

ja, ich glaube, wir kommen zu einem Punkt der Übereinstimmung… Eliza ist Opfer und Täterin, Oberst Brandon erklärt sie nicht zu einem schlechten Menschen, und Jane Austen verurteilt sie nicht... Sie lässt sie sterben als Opfer der Umstände und ihrer eigenen Schwäche – getröstet durch die Liebe und Fürsorge Oberst Brandons... Sie genesen zu lassen und ihr eine neue Chance an der Seite Oberst Brandons zu geben – oder – noch besser – sie als eigenständige unabhängige Persönlichkeit ins Leben zu stellen, vielleicht als Malerin oder Schriftstellerin, die für sich und ihr Kind selbst zu sorgen in der Lage ist – das zu denken und zu schreiben war wohl erst der 40 Jahre später lebenden Anne Bronte gegeben... Die am Ende von „Wildfell Hall“ aber doch lieber die konventionelle Lösung einer Ehe mit einem – hm, sagen wir mal, ihr nicht so ganz gerecht werdenden – Mann stellte...

Quote:
Ich gestehe übrigens, bis auf "Jane Eyre" noch nie einen Bronte Roman in der Hand gehabt zu haben. Von "Wuthering Heights" kenne ich nur die Verfilmungen.

Aber falls Du doch mal zu „Wildfell Hall“ greifst, sei gewarnt: Das erste Drittel und der Schluss ist ziemlich – hm, not-Jane-Austen-Quality – aber die Mitte, die die Zustände der Ehe zwischen dem jungen Mädchen und dem gewissenlosen Säufer schildert und dem langsamen Absturz der beiden – wiegt den Rest des Buches weit auf...

Uff uff uff, unbedingt „Wuthering Heights“ lesen... Ich hab ja davon auch nur Verfilmungen gekannt und war nicht so interessiert das Buch zu lesen... Erst nachdem Sonja mich auf die Biografie der Brontes gestoßen hat – und ich meinte, ich sollte die Bücher doch mal lesen bevor ich sie schlecht fände... hab ich mich an Emily Brontes einzigen Roman gewagt... Und ich bin immer noch der Meinung, er ist das beste, was die drei Bronte Schwestern zustande gebracht haben... Emily ist meine liebste Bronte...

Für Emily aber ist das Schulleben eine einzige Tortur. Roe Head bedeutet nicht nur Exil von Anne und Gondal, sondern auch den Verlust der Intimität. Emily, die es liebt, allein über die Heide zu strolchen und die Nachmittage in ungebrochener Träumerei unter einem hohen Himmel zuzubringen, sieht sich plötzlich mit zehn anderen jungen Dingern in einem Schlafsaal zusammengesperrt. Schulstunden und Mahlzeiten, Kirchgang und Freizeit hat sie mit Mädchen zu teilen, die sie weder mögen noch ertragen kann. Ihr Kopf ist nicht zum Auswendiglernen gemacht, ihre langen Beine nicht zum Schritthalten in Zweierreihen. Nach drei Monaten unternimmt Charlotte das Nötige. Sie schreibt nach Hause, und Emily wird abgeholt.
Viele Jahre später erklärt sie im Vorwort zur Neuausgabe der Sturmhöhe dieses Versagen: „Meine Schwester Emily liebte die Moore. Blumen, strahlender als die Rosen, blühten für sie in der dunkelsten Heide. Aus der schwarzen Senke in einem fahlen Hügelhang konnte ihr Geist ein Paradies schaffen. In der öden Einsamkeit fand sie viele geliebte Freuden – und die größte und stärkste von allen war – Freiheit. Freiheit war Emilys Atem; ohne sie mußte sie vergehen.“
(Maletzke, Das Leben der Brontes)

Ich hoffe, mein Missionierungsversuch ist jetzt nicht zu offensichtlich ausgefallen?

Bruki

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Johanna
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft: fischkopp (naja, fast)
Registriert: Jun 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 349

Stimmung:


Geschrieben Montag, Juni 13, 2005 @ 15:36:42  

Mag mir mal irgendjemand erklären, welche Funktion genau Margaret in dem Roman jetzt einnimmt?

In der neuen Verfilmung ist sie ja von Emma Thompson noch ein bisschen weiter herausgearbeitet worden, in der alten Verfilmung stört es nicht unbedingt, dass sie gar nicht da ist, und im Buch fragt man sich doch ein wenig, was Jane Austen uns mit ihr sagen wollte...

MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Montag, Juni 13, 2005 @ 20:17:58  

Hallo Johanna,

eine interessante Frage... Eigentlich sollte man bei Jane Austens Kompositionen davon ausgehen, dass gerade so viele „Noten“ vorhanden sind als nötig – keine zuviel und keine zuwenig... Also, wird Margaret eine Funktion haben... Aber welche? – Ich hab das Buch gerade gelesen, aber mehr auf Lucy Steele, Oberst Brandon und Eliza geachtet... Margaret ist mir ehrlich gesagt gar nicht weiter aufgefallen...

Ich hab nur einen Hinweis im Nachwort der Ausgabe des Manesse-Verlages:

Wie sie auf das Unterbewusstsein des Lesers Einfluss nimmt, ist erstaunlich. Hat man angesichts der auf der Lebensbühne dauernd agierenden Schwestern Elinor und Marianne die jüngste dritte schon vergessen, taucht bestimmt dann, wenn sie unserem inneren Auge entschwindet, ihr Name auf, oder wird mit einem Sätzchen ihre Existenz wachgerufen. Margaret nimmt eine Einladung an oder wird von Verwandten abgeholt und rückt gar im Schlussbild – fürs Tanzen im begehrtesten Alter – Marianne nach.

Etwas unterbewusstes, eine Nachrückerin? Nicht sehr erhellend!? Oder?

Bruki

PS: Du bist doch am Ende keine Deutsch-Lehrerin? Meine wollte damals immer von mir wissen, „was der Dichter uns damit sagen wollte“! ...

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Lizzy
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft:
Registriert: Jun 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 156

Stimmung:
 


Geschrieben Dienstag, Juni 14, 2005 @ 11:34:13  

Hallo,
da Verstand & Gefühl zu meinen "Lieblingen" zählt, muss ich hier wohl noch "Aufklärungsarbeit" leisten .
Wie Ihr ja sicherlich alle wisst, wird der Roman von Kritikern oft als der schwächste Jane Austens bezeichnet (Vielleicht liebe ich ihn genau deshalb?). Dieser Ruf kommt nicht zuletzt auch daher, dass Margaret im gesamten Roman eher blass bleibt und der Leser nicht viel von ihr erfährt. Eine entscheidende Rolle nimmt sie schon gleich gar nicht ein, und deshalb wurde sie bestimmt auch in der alten Verfilmung weggelassen. Meiner Meinung nach hat uns allerdings Jane Austen selbst einen Hinweis auf den Grund für Margarets mangelndes Erscheinen gegeben: "... Aber da bereits eine Menge von Mariannes Schwärmerei auf sie abgefärbt hatte, ohne dass sie deren Einsicht besaß, waren mit dreizehn ihre Aussichten, es später im Leben mit ihren Schwestern aufnehmen zu können, gering." (Schlusssatz des 1. Kapitels)
Vielleicht konnte Jane Austen auch nichts mit einem dreizehnjährigen Mädchen anfangen (jedenfalls innerhalb dieser Handlung); sie war ihr schlichtweg zu jung?
Emma Thompson hat Margarets Rolle ausgebaut, weil sie als Kind noch sagen kann, was die anderen als erwachsene junge Damen nicht mehr können/dürfen. Das war schon gut überlegt von ihr.
Das waren zunächst meine ersten Gedanken dazu. Ich bleibe aber am Ball und beschäftige mich sicherlich noch ein wenig mit diesem Thema .

Viele Grüße,
Lizzy

--------------------
The more I see of the world, the more am I dissatisfied with it.
Elizabeth Bennet

MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Dienstag, Juni 14, 2005 @ 17:07:45  

upps... falscher Roman

Bruki

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Johanna
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft: fischkopp (naja, fast)
Registriert: Jun 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 349

Stimmung:


Geschrieben Dienstag, Juni 14, 2005 @ 19:03:06  

Naja, das waren jetzt wenigstens schonmal ein paar Antworten, auch wenn der Funke der Erleuchtung noch nicht auf mich übergesprungen ist....

Ang Lee meinte, Margret hätte in seinem S&S eher die Rolle einer gegenwärtigen Beobachterin, quasi Publikum im Film, und in diesem Sinne auch neue Generation, aber Überzeugend fand ich das auch nicht.

@Bruki: Auch wenn ich meine Deutschlehrerin abgöttisch verehre (Ich glaube, davon hat sie damals nie viel mitgekriegt..., vielleicht sollte ich ihr mal Blümchen bringen), was unter anderem daran liegt, dass sie den Unterricht abrupt (spelling?) stoppt, um Regenbogen zu bestaunen, ich bin - tja ich weiß nicht was ich sein soll (beleidigt, empört, bis ins Mark erschüttert... geschmeichelt?!??) Ich und Kindererziehung jeden Tag... Phhh und dann müßte ich ja auch schon so alt sein.... Und dann dachte ich, dass man als Lehrer bereits alles weiß (das Gefühl hatte ich zumindest bei meinen [außer der Dame in Deutsch])

MierschB
Jane-Austen-verrückt

Geschlecht: männlich
Herkunft: Brandenburg
Registriert: Jan 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 741

Stimmung:
 


Geschrieben Mittwoch, Juni 15, 2005 @ 08:37:35  

Hallo Johanna,

meine Deutschlehrerinnen (komisch, es fällt mir eben auf, dass ich nie einen Lehrer für Deutsch hatte?) waren eher von der dogmatischen beckmesserischen Art - bis auf eine, die wegen ihrer Jugend mit uns Schülern etwas überfordert war (sie gehörte zu den idealistischen Menschen, die in der Literatur leben, und sie hat nie verstanden, warum andere das Lesen als nicht so wichtig ansehen... ).

Zum Glück hatte ich schon meine Liebe zu den Bücher entdeckt bevor mich diese Hyänen in den Erziehungszuchthäusern erwischen konnten - und war dem Lesestoff der Schule in der Regel um Monate/Jahre voraus, und so gelang es ihnen nie mir die Liebe zu den Büchern austreiben - obwohl sie sich redlich bemüht haben, wie man anerkennend zugeben muss... - Nur einmal waren sie schneller als ich: Bei Fontane, den hatte ich - leider? - noch nicht gelesen als er in der Schule "durchgenommen" wurde... So kam ich bis heute um das Vergnügen... NB. Es war Effi Briest, die ich bis heute nicht aufschlagen kann ohne Übelkeit zu verspüren... (Ein Pawlowscher Reflex ohne Zweifel - trotzdem völlig real... )

Bruki

--------------------
"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

Jojonu
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft:
Registriert: Jun 2004
Status: Abwesend
Beiträge: 118

Stimmung:
 


Geschrieben Mittwoch, Juni 15, 2005 @ 19:44:10    YIM

Puh, bei Effie Briest geht es mir da leider genauso - gott, wie habe ich dieses Buch gehasst (als wir es in der Schule durchgenommen haben). Und Fontane kann mir auch gestohlen bleiben - was sicher ein Vorurteil ist, aber der arme "Kerl" wurde mir gründlich "ausgetrieben"...
Johanna
Jane-Austen-begeistert

Geschlecht: weiblich
Herkunft: fischkopp (naja, fast)
Registriert: Jun 2005
Status: Abwesend
Beiträge: 349

Stimmung:


Geschrieben Mittwoch, Juni 15, 2005 @ 19:58:26  

Mir fällt gerade auf, dass ich auch nie einen Lehrer hatte, aber die Deutschlehrerin von davor (die sich konstant geweigert hat, Rechtschreibung zu unterrichten, es ist also gar nicht mal meine Schuld) ist direkt nach uns in die Klapper gekommen, und seit dem nicht mehr draußen. So gehts doch auch... Ich glaube, die hatte die Wende (+Spätfolgen) noch nicht ganz so geknackt, unter anderem. Aber immerhin hat sie mich zu gabriele wohmann gebracht, aber ups, wir sind hier ja bei V&G und nicht bei Büchern. Kommt davon, wenn man immer mit den gleichen leuten schreibt. tsss

Fontane wird doch von grawe immer mit Jane Austen verglichen. Bin leider noch nicht zum lesen gekommen (na so was) und in der schule gabs bei uns statt Effi Briest postDDR familienstories (ich sags ja..., die andere dame war da weit effektiver).