Stolz und Stachelbeeren
(Lions and Liquorice)

aka

(Vanity and Vexation)

von Kate Fenton


Klappentext Kirstens Meinung Lenas Meinung Kerstins Meinung Martinas Meinung Mellas Meinung Ulrikes Meinung

Stolz      und Stachelbeeren - Buchcover

Zitat aus dem Klappentext:

Die zwei begehrtesten Junggesellen von Maltbury, einem verschlafenen Nest in Yorkshire, machen ganz eigene Erfahrungen mit dem Filmteam, das "Stolz und Vorurteil" bei Ihnen dreht: Eine ebenso arrogante wie attraktive Regisseurin und eine bildschöne Schauspielerin scheinen die Leben unserer beiden Helden partout auf den Kopf stellen zu wollen. Und plötzlich ist alles wie in Jane Austens Roman, nur mit merkwürdig vertauschten Rollen....

erstmals erschienen: Juni 1995 (englisch)
erstmals erschienen: 1998 (deutsch)
Taschenbuch, dtv Verlag, ISBN: 3423206462


Kirstens Meinung

Kate Fenton hat mit Lions and Liquorice eine moderne Variante von Stolz und Vorurteil kreiert.

Aber die ganze Geschichte etwa 200 Jahre später stattfinden zu lassen ist nicht die einzige Variation der Geschichte, die sie sich hat einfallen lassen:
Ein kleines verschlafenes Yorkshire-Dorf gerät in Aufregung, als eine Filmcrew, die Jane Austens berühmtes Werk "Stolz und Vorurteil" drehen will, in die ländliche Idylle einfällt. Dieses Ereignis bietet dem im Dorf lebenden Schriftsteller Nicholas Llewllyn Bevan die nötige Idee für seinen neuen Roman.

Von diesem Zeitpunkt an entwickeln sich zwei parallele Geschichten - die "Realität" von Kate Fentons Geschichte und die "Fiktion" ihrer zentralen Figur, Bevan, - und der Leser muß ganz schön aufpassen, um nicht die Übergänge zwischen "Realität" und "Fiktion" zu verpassen.

Aber damit nicht genug, das Sahnehäubchen unter Kate Fentons Variationen ist der Tausch der Geschlechter. Wer also bspw. Nach dem Gegenstück zu Jane Austens Mr. Darcy sucht, sollte sich unter den weiblichen Charakteren der Geschichte umschauen. Um dem Leser die Identifikation aber nun nicht zu einfach zu machen, hat Kate Fenton ihren Figuren andere Namen gegeben als Jane Austen. So dass es einem nur bleibt, anhand der Darstellung der Charaktere herauszufinden, wer Charles Bingley entsprechen soll, wer Lydia Bennet oder wer George Wickham ...

Freunde des Regency kommen hier sicher nicht auf ihre Kosten. Aber Kate Fentons Experiment "Wie weit kann man so verfälschen, so dass der Leser es aber trotzdem noch wiedererkennt?" halte ich für durchaus gelungen und die Lektüre von Lions and Liquorice war ein Vergnügen. (Kirsten 6/2000)


Lenas Meinung

Die Grundidee: Jane Austens Stolz und Vorurteil wird mit vertauschten Rollen der Geschlechter in die Gegenwart verlegt.

In einem verschlafenen Dorf in Yorkshire wohnen der Schriftsteller und Journalist Llew (verkörpert Lizzie) und sein Freund, der Witwer John (verkörpert Jane). Eines Tages taucht eine Filmcrew auf, die hier Außenaufnahmen für Stolz und Vorurteil drehen will. Herausragende Personen dieser Crew sind die stolze und erfolgreiche Produzentin Mary (Mr. Darcy) und die schöne Hauptdarstellerin Candia (Mr. Bingley). Als an einem Abend in einer Scheune eine simple Dorfdisko veranstaltet wird, taucht das Filmteam ziemlich hochnäsig auf. Candia ist von John sofort begeistert und es funkt gewaltig zwischen den beiden - Mary betrachtet Nick nur von oben herab.

So beginnt die Bekanntschaft der Hauptdarsteller. Im Laufe der Zeit wird die Beziehung zwischen John und Candia immer enger und auch zwischen Llew und Mary besteht eine gewisse Anziehungskraft, die aber keiner der beiden so recht wahrhaben will. Schließlich sind die Dreharbeiten jedoch beendet und das Filmteam reist ab.

Die Geschichte ist gut geschrieben und die Parallelen zu "Stolz und Vorurteil" sind sehr gut gelungen, ohne, dass das Buch ein simpler Abklatsch ist. Da die ursprünglichen Figuren unangetastet bleiben, bleibt dem Leser eine Enttäuschung, wie man sie in vielen Fortsetzungen erlebt, erspart.

Trotzdem konnte ich das Buch nicht mit uneingeschränkter Begeisterung lesen. Grund dafür: in der Mitte des Buches gibt es einen Bruch in der Handlung. Der Schriftsteller Llew heißt in Wirklichkeit Nick und die erste Hälfte des Buches ist sein Versuch, aus tatsächlichen Begebenheiten einen Roman zu schreiben. Alle bisher vorkommenden Personen heißen plötzlich anders (zumindest mit Nachnamen) oder sind in anderer Weise verändert. Über diese Umbruchkapitel mußte ich mich erst einmal hinwegkämpfen.

Allerdings hat sich dieser Kampf gelohnt. Die Geschichte, die der Verführung und Flucht Lydias entspricht, ist sogar ausgesprochen spannend geschrieben und die letzten Kapitel des Buches habe ich geradezu verschlungen.

Mein Gesamteindruck ist also etwas durchwachsen. Der Handlungsbruch in der Mitte hat mich etwas aus der Bahn geworfen und auch einige Bettszenen wären meiner Meinung nach nicht unbedingt nötig gewesen. Wenn man das Buch zügiger liest, als ich es getan habe, stört einen der Umschwung in der Buchmitte allerdings sicher nicht so sehr, wie er mich gestört hat. Kurz und gut, das Buch ist durchaus lesenswert, doch kaufen muß man es nicht unbedingt. (Lena 7/2000)


Kerstins Meinung

Vorsicht, bevor man dieses Buch liest, sollte man Jane Austens Stolz und Vorurteil gelesen haben! Ansonsten entgehen einem die Witze und Zitate und man bringt sich um das Vergnügen. Denn dieser Roman erzählt die Geschichte noch ein Mal, allerdings mit verdrehten Rollen und in der heutigen Zeit. Man braucht bei einigen Figuren eine gewisse Zeit, bis man ihnen die Rolle aus Stolz und Vorurteil zuteilen kann.

Es ist amüsant, wie Kate Fenton die Geschichte modernisiert hat. Man erkennt sie wieder, ohne das es abgeschrieben wirkt. Vorsicht vor dem Umbruch in der Mitte des Buches, da geht die ganze Sache noch mal von vorne los, denn auch der Anfang entspringt nur der Feder eines Romanautors. Leider muss man sich deshalb an neue Namen gewöhnen, was das Ganze unnötig kompliziert. Dennoch ist das Buch empfehlenswert und ausgesprochen witzig! (Kerstin 9/2000)


Martinas Meinung

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Es ist eine moderne Wiedererzählung von "Pride and Prejudice". Die Voraussetzung für diese Geschichte ist, dass eine Filmcrew in einen kleinen Ort in Yorkshire kommt um eine Adaptation von P&P zu verfilmen. Die meisten Grundelemente des Plots wurden benutzt und viele Hauptcharakteren sind anwesend. Allerdings wurden einige Geschlechter getauscht. Elizabeth Bennets Charaktere finden wir in Nicholas Llewellyn Bevan wieder und Mr. Darcy wird durch Mary Hamilton representiert. Nicholas's verwitweter Schwager ist Jane Bennets Charakter und Mr. Bingley ist der weichherzige Star des Films.

Diese Geschichte spielt in den 90ern und ist sehr glaubwürdig geschildert. Obwohl man das Ende kennt, ist es schön zu lesen, wie die Autorin die Geschichte umgesetzt hat. (Martina 06/03)


Mellas Meinung

Mit diesen Worten: "…why not turn the classic formula upside down and inside out? Keep the plot, but reverse the sexes. Eat your heart out Jane Austen, this is your actual Twentieth-Century Equal Opportunities romance: rich, rude and rakish woman, chasing shy, impoverished …", beschreibt die männliche Haupfigur Nick "Llew" Bevan so ungefähr was den Leser erwartet.

Natürlich scheint der Gedanke naheliegend, dass der Titelwandel von "Lions and Liquorice" in "Vanity and Vexation" mit der neuesten Verfilmung P&Ps zusammenhängt. Nun, ich bevorzuge es vermeintlich rein marketingstrategische Überlegungen zu verdrängen und stattdessen daran zu denken, dass dieses Buch es verdient, auf jegliche Weise Aufmerksamkeit zu bekommen, wo es doch so gekonnt sich gerade das Film-Business als Handlungsbasis wählt. Während des Lesens konnte ich mir regelrecht das kleine Yorkshire Städtchen vorstellen, welches plötzlich von einer technisch überbewaffneten Filmcrew, sonnenbrillentragenden Filmstars, dazu anhimmelnden Fans als Randpublikum und all dem Equipment, nötig um ein vergangenes Jahrhundert wiederzubeleben, regelrecht überrannt wird. Negatives gibt es nicht vieles.

Schnell entschuldigte ich den recht schwachen Start, der zwangsläufig damit kämpft Charaktere einzuführen und eine Atmosphäre aufzubauen. Dass ich zunächst weiterlas, nur um herauszufinden wer aus V&V nun tatsächlich wessen Rolle aus P&P bekommt, war spätestens nach dem vierten Kapitel vergessen. Auch soll gesagt sein, dass eine Party nicht gleich als Ereignis in einem Paralleluniversum zum Netherfield Ball gesehen werden sollte! Genauer gesagt: natürlich gibt es Bezüge, doch nicht von Beginn an verbissen nach Ähnlichkeiten zu suchen, zahlt sich bedeutend mehr aus! Erstens scheint es am Anfang ohnehin ein enttäuschendes Unterfangen zu sein Bezüge heraufbeschwören zu wollen und zweitens, hat man wirklich mehr vom Buch, entfernt der Leser sich zunächst von der lieben Jane Austen und tritt Kate Fentons persönlichen und sprühenden Schreibstil unvoreingenommen gegenüber. Zudem machen spätestens die intimeren Szenen deutlich, dass in diesem Buch das Austen-Zeitalter schon lange her ist.

Dem Vertauschen der Geschlechter stand ich zu Beginn sehr skeptisch gegenüber. Nicht auch zuletzt dem Ganzen Aufhänger – dem Hintergrundgeschehen – das Filmen einer vierteiligen neuen P&P Serie. Doch dieser Roman überrascht. Nicht gekonnter könnte man auf dem Seil aus Ideenreichtum balancieren, welches zwischen dem Gerechtwerden der unterschiedlichen Erwartungen gespannt ist - einerseits Bezüge zu P&P ausreichend einzufädeln – mehr noch jenen gerecht zu werden und andererseits, eine unterhaltsam und frische neue Idee zu präsentieren. So begegnet der Leser wiederaufgegriffenen Umständen oder Eigenschaften, welche trotz Anpassung an unsere Zeit schlichtweg unverwechselbar sind. Man liest kurze Bemerkungen, beispielsweise über ein Paar "remarkably clever eyes", oder wird Zeuge von komplexeren Situationen, wie dem Gegenpart der "Heiratsantragsszene".

Charaktere sind weder zu verfremdet, noch zu ausgefallen und während sie gewisse Ähnlichkeiten wahren, so sind sie dennoch gezeichnet vom erfrischend munteren Witz und Charme Fentons. Sie beweist zudem beständig ihren Einfallsreichtum. Doch gerade diesem hatte ich es allerdings auch zu verdanken, dass ich mich nach "Episode One" damit konfrontiert sah, nicht nur Personenkonstellationen neu zu ordnen, sondern auch gerade gelesene Geschehnisse. Ich musste mich fragen, was von den ersten Dreizehn Kapiteln nun noch ‚zu glauben’ sei. Um nicht zu viel der Geschichte wegzunehmen: wenn Nick Bevans Exfrau zu ihm sagt “…you'd better tell me exactly where fiction ends and fact starts.", war mein Mitgefühl an jener Stelle des Romans alles andere als gering. Einerseits Kate Fenton dafür bewundern zu wollen, wie gut sie es versteht ihre Leser hinters Licht zu führen, andererseits, mit in Falten gelegter Stirn und dem Gefühl den Bezug zur Geschichte verloren zu haben, las ich natürlich weiter. Schnell sah ich den enormen Knackpunkt des Handlungsverlaufs als unverwechselbare und erfrischende Charakteristik, denn darauffolgende Ereignisse und Anspielungen auf den Umbruch machen schnell klar, wie gerissen und außergewöhnlich, sogar beneidenswert, Fentons Einfall ist.

Nicht oft bringt mich ein Buch zum hörbaren Auflachen – beim Lesen dieses Romans tat ich es herzlich. Sarkasmus ist ebenso wenig ein Fremdwort für Fentons Stil wie Abwechslungsreichtum. Unmöglich kann man über die amüsanten Wortspiele hinwegsehen und lebhafte Figuren unbewundert lassen. Begegnungen, egal zwischen wem und wann, sind stets wie unverhofft aus dem Leben gegriffen. Lustig und lockere Szenen, wie am Set beim Drehen, wo plötzlich alles im Chaos versinkt, sind nicht weniger gelungen als solche, die von verbaler Schlagfertigkeit oder Gefühlstumult geprägt sind.

Kate Fentons Story rennt der Anschuldigung langweilig zu sein quasi davon. Dennoch wirkt Nichts zu rapide, unausgereift oder gar unbedacht aufs Papier gebracht. Fentons Verständnis für die Austen Charaktere ist unmissverständlich zwischen den Zeilen zu lesen. Auch wenn dies eine moderne Abhandlung ist, so ist doch die Nähe zu Bennets, Bingleys und Darcy(s) immens spürbar. Der Leser entdeckt durchaus einen "Mr Collins" oder andere Nebenrollen aus P&P.

Als sich Marys und Nicks Wege zum ersten Mal kreuzten, musste ich bereits schmunzeln und bei jeden weiteren, mehr oder weniger ungewollten Zusammentreffen, weitete sich dieses unaufhaltsam in ein breiteres Lächeln. "Vanity and Vexation" ist mit Sicherheit ein wunderbar, unterhaltsames Buch und kann erhobenen Hauptes für sich allein stehen, doch kennt man "Pride and Prejudice", bringt es mit noch größerer Sicherheit weitaus mehr Vergnügen. (Mella 11/06)


Ulrikes Meinung

"Stolz und Vorurteil" in modernem Gewand - das ist die Quintessenz dieses vergnüglichen Buches. Und doch ist dies nur eine höchst unzureichende Beschreibung für ein hinreißendes Werk, das den Leser ständig dazu reizt, sich auf falsche Fährten zu begeben und dabei soviel Spaß zu haben wie schon lange nicht mehr.

Für Fans von Jane Austens Buch "Stolz und Vorurteil" ist diese Story sogar ein doppeltes Vergnügen - sie enthält gleich zwei Verfremdungen des Original-Plots, miteinander verwoben sind.

Eine Filmcrew fällt in ein kleines Dorf in Yorkshire ein, um "Stolz und Vorurteil" zu drehen. Gleichzeitig schreibt der in diesem Dorf lebende, frisch geschiedene Schriftsteller Nicholas Llewellyn Bevan ein Buch über diese Ereignisse. Nach und nach verweben sich beide Geschichten solcherart, dass manchmal Nick selbst nicht mehr so recht weiß, was er erdichtet hat und was Realität ist.

Kate Fenton spart dabei nicht mit kräftigen Seitenhieben auf das Mediengeschäft, das sie als Schriftstellerin und Radiomitarbeiterin der BBC aus eigener Erfahrung und als Frau des Schauspielers Ian Carmichael auch von der Seite der Filmschaffenden her kennt.

Der Clou bei der ganzen Geschichte ist aber die Super-Idee von Kate Fenton, sämtliche Geschlechterrollen in ihr Gegenteil zu verkehren. Wer also nach dem Pendant von Elizabeth Bennet in "Stolz und Stachelbeeren" sucht, wird überrascht sein, zweimal einen Mann an ihrer Stelle zu finden - dasselbe gilt für alle anderen Charaktere des Originals von Jane Austen.

Hut ab also vor Mrs. Fenton, dass sie es schaffte, dieses Puzzlespiel zu einem gelungenen Ganzen zusammenzufügen. (Ulrike, Gast)



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