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Durch alle Widrigkeiten hindurch

von Becci




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Kapitel 6

Georgiana versuchte ihre zitternden Hände unter Kontrolle zu bringen. Sie hatte ihren Bruder noch nie so wütend gesehen, nicht einmal nach der Sache mit Wickham. Da war er sehr sauer gewesen, aber er hatte damals nicht ihr die Verantwortung gegeben. Doch heute hatte er sie angeschaut, als würde er ihr das, was sie getan hatte, niemals wieder vergeben. Sie verstand ihn nicht, er liebte Miss Bennet doch, wieso verhielt er sich dann so? Es musste am Alkohol liegen, dachte Georgiana. Er trank einfach zuviel. Aber sie war nicht berechtigt, ihn darauf hinzuweisen. Er würde sie nur noch einmal so anschreien wie heute. Bei dem Gedanken an sein Verhalten heute, fing sie wieder an zu weinen. Was war bloß mit ihm los? Er war doch ihr großer Bruder, der immer wusste, was richtig war, der nie die Fassung verlor, der sie immer geliebt und beschützt hatte. Sie konnte ihr Schluchzen nicht unterdrücken.

Sie horchte, aber aus dem Obergeschoß, wo die Schlafzimmer lagen, kam kein Geräusch. Langsam wurde ihr bewusst, dass Miss Bennet oder Elisabeth, wie sie genannt werden wollte, immer noch nicht in das Wohnzimmer zurückgekommen war und sie beschloß nach ihr zu suchen. Vielleicht hatte sie sich ja doch mit ihrem Bruder vertragen und alles würde wieder gut werden.

Doch als Georgiana am Schlafgemach ihres Bruders vorbeikam, wurde ihr diese Hoffnung geraubt: Darcy saß immer noch mit finsterem Blick in seinem Bett und schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben seinen Kater mit Brandy zu bekämpfen. Erst sagte keiner von ihnen etwas, als sie das Zimmer betrat, dann schließlich sagte Darcy: "Miss Bennet reist morgen zurück nach London." Dann herrschte wieder Schweigen. Nach ein paar Minuten hielt Georgiana die feindselige Stimmung ihres Bruders nicht mehr aus und verabschiedete sich eilig. Wo konnte nur Miss Bennet sein?

Georgiana fand Elisabeth schließlich in ihrem Zimmer, wo diese immer noch auf dem Bett lag und weinte. Sie versuchte herauszubekommen, was zwischen Lizzie und ihrem Bruder vorgefallen war, aber Lizzies einzigen zusammenhängenden Worte waren, unterbrochen von lauten Schluchzern: "Ich...habe...ihm... gesagt... dass...ich...ihn... liebe!" Georgiana versuchte Lizzie zu trösten, aber Lizzie, sobald sie bemerkte, wie elend sie selbst wirken musste, ließ sich nicht trösten, sondern schickte Georgiana weg, um dann einige Minuten später umgezogen und scheinbar heiter zu Georgiana ins Wohnzimmer zu kommen. Nur ihre geröteten Augen erinnerten noch an den Kummer, der sie eben noch geplagt hatte.

Georgiana wollte das Gespräch immer wieder auf ihren Bruder lenken, aber Lizzie wehrte alle diese Versuche ab. Sie wollte nicht über Darcy sprechen. Das hätte nur die traurige Erinnerung an ihr letztes Gespräch wieder aufgewärmt. Während sie über ihren linken Ringfinger fuhr, an dem jetzt nicht mehr ihr Verlobungsring war, spürte sie erneut Tränen emporschießen, doch sie unterdrückte sie schnell. Sie würde nicht mit Georgiana über ihren Bruder reden, sie konnte es nicht. Glücklicherweise entdeckten sie beide bald ihre gemeinsame Vorliebe für Musik und Bücher, so dass es genug Gesprächsstoff zwischen ihnen gab. Und Georgiana begann die junge Frau, in die sich ihr Bruder verliebt hatte zu schätzen und ihr Wunsch die beiden wieder zusammen zu bringen wurde durch die nähere Bekanntschaft mit Elisabeth nur stärker. Aber sie wusste nicht, wie das möglich sein sollte. Schließlich hatte ihr letzter Versuch nicht gerade viel gebracht.

Jedoch, der Streit zwischen ihrem Bruder und Elisabeth war nicht alles, worüber Georgiana sich Gedanken machte. Als sie zuerst beim Mittagessen und dann beim Abendessen beobachtet hatte, wie unfreundlich und reserviert die Diener Miss Bennet behandelten, war ihr klar, dass sich bereits Gerüchte über Elisabeth verbreitet hatten. Wenigstens das konnte sie ihren neu gefundenen Freundin ersparen, dachte sie und so sprach sie Mrs. Reynolds kurz nach dem Abendessen an: "Mrs. Reynolds, Sie werden sich vielleicht schon gefragt haben, wieso Miss Bennet uns hier auf Pemberley besucht?" Sie sah, wie Mrs. Reynolds beschämt abwinkte: "Das geht mich nichts an, Miss." Es hatte also tatsächlich Gerüchte gegeben. So fuhr sie nach einer kurzen Pause fort: "Miss Bennet ist die Verlobte meines Bruders. Doch ihr Vater hat den beiden seine Einwilligung verweigert und so sind sie..." Sie stockte einen Moment. "...beide sehr verletzt. Es ist eine schwierige Situation für beide. Ich möchte, dass keine falschen Gerüchte entstehen und Miss Bennet mit allergrößter Freundlichkeit und Höflichkeit behandelt wird." Mrs. Reynolds nickte. Georgiana war erleichtert, sie hatte es hinter sich gebracht, Mrs. Reynolds die Umstände, unter denen Miss Bennet nach Pemberley gekommen war, zu erklären. Sie wurde irgendwie mutiger und sagte nach kurzem Zögern schließlich noch: "Und bitte sorgen Sie dafür, dass mein Bruder keinen Alkohol mehr bekommt. Es ist denke ich besser, wenn er nichts trinkt..." Hier brach sie verlegen ab. "Natürlich, Miss Darcy," antwortete Mrs. Reynolds und ließ eine verwirrte Georgiana zurück, die irgendwie froh war, den Mut gehabt zu haben dies alles gesagt zu haben, und sich auf der anderen Seite etwas fürchtete, was wohl ihr Bruder sagen würde, wenn er von ihrem Verhalten erfuhr.

Sie beschloss ihn aufzusuchen, um zu sehen, ob er ihr es schon verziehen hatte, dass sie Elisabeth Bennet eingeladen hatte. Ihr Bruder schien sie kaum wahrzunehmen, als sie sein Zimmer betrat. Er schaute durch sie hindurch. Georgianas Besorgnis um ihren Bruder stieg. Hatte Fitzwilliam etwa soviel getrunken, dass er sie nicht einmal mehr wahrnahm?

Doch dann wurde ihr der Grund für die geistige Abwesenheit ihres Bruders bewusst: Elisabeth sang eine Arie aus der Zauberflöte und diese war weithin im Haus zu hören. Sie hatten am Nachmittag sich einige Musikstücke, die Georgiana zu Weihnachten bekommen hatte, gemeinsam angeschaut und dass Lizzie nun während Georgianas Abwesenheit diese Musikstücke auch spielte, war nicht verwunderlich.

Georgiana betrachtete ihren Bruder genauer. Sein Blick war gleichermaßen gequält wie schwärmerisch verliebt. Er liebte Elisabeth offensichtlich sehr, wieso ließ er sie dann gehen? Georgiana konnte es nicht verstehen und konnte nicht anders als ihn darauf hinzuweisen: "Elisabeth wird nicht abreisen, wenn du sie darum bittest zu bleiben." "Du nennst sie also schon Elisabeth?" fragte Darcy Georgiana mit spöttischem Unterton. Sie sah ihn erschrocken an und fürchtete ihn schon wieder verärgert zu haben. Aber sie beobachtete, wie seine Mundwinkel sich zu einem kurzen Lächeln verzogen, bevor er sein Gesicht wieder so finster wie zuvor erschien. Wenigstens war er ihr nicht böse, dachte Georgiana. Sie beschloss sich noch ein bisschen mehr aus dem Fenster zu lehnen: "Sie wartet nur auf ein liebes Wort von dir." Doch auf diese Worte hin lächelte Darcy nicht. Er sagte nichts und wandte sich von seiner Schwester ab. Enttäuscht verließ diese ihren Bruder. Was für ein Sturkopf er doch war!

Darcy schaute seiner Schwester einen Augenblick nach. Er wusste, dass er sie mit seinem abweisenden Verhalten verletzte, aber dieses Verhalten war für ihn die einzige Möglichkeit seine Fassung zu bewahren. Er musste so handeln. Er konnte seine Elisabeth sowieso nicht heiraten. Dann war es besser die Hoffnung sofort aufzugeben als sich wer weiß wie lange mit unerfüllbaren Wünschen zu quälen.

Doch egal, wie gern er Lizzie vergessen hätte, es war ihm einfach unmöglich. Vor allem da ihr Gesang zu ihm heraufschallte und er sich den Worten der Arie nicht entziehen konnte:

Ach, ich fühl’s, es ist verschwunden,
ewig hin der Liebe Glück!
Nimmer kommt ihr Wonnestunden
meinem Herzen mehr zurück!
Sieh, Tamino, diese Tränen
fließen, Trauter, dir allein.
Fühlst du nicht der Liebe Sehnen,
so wird Ruh’ im Tode sein!

Die Worte brannten sich in Darcys Herz ein. Aber es war nicht so sehr die Bedeutung der Worte, die dafür sorgten, dass er sich fühlte, als würde sich ein Messer in seinen Magen bohren, sondern mehr der Ausdruck ihrer Stimme. Oh, was musste sie von ihm denken! Wie musste sie ihn nun hassen! Am liebsten wäre er sofort aufgesprungen und zu ihr gelaufen, um sie davon zu überzeugen, dass er sie liebte und dass es nichts gab, was seine Liebe zu ihr ändern könnte. Aber es war nicht richtig! Es würde nur mit Tränen enden! Er durfte sie nicht heiraten, hatte kein Recht ihr seine Liebe zu gestehen, sie zu umarmen oder sie zu küssen. Er dachte daran, wie sehr er sich vor allem nach letzterem gesehnt hatte. Er wünschte sich so sehr wenigstens einmal ihre Lippen zu berühren mit den seinigen, nur einmal den Geschmack ihrer Lippen zu schmecken. Oh, wie er sich danach sehnte! Am liebsten hätte er sie gebeten, ihm, bevor sie sich endgültig trennten, diesen einen Wunsch zu erfüllen. Er würde alles tun, was ihr Vater auch von ihm verlangen sollte, sogar zustimmen sie nie wiederzusehen, wenn er nur einmal ihre weichen Lippen berühren könnte!

Darcy bemerkte, dass seine Gedanken ihm nicht mehr gehorchten. Er kannte sich nur zu gut, um zu wissen, dass bald nicht nur Lizzies Lippen seine Gedanken beanspruchen würden. Er musste dies beenden, bevor es zu spät war. Er klingelte nach einem Bedienstetem und bat diesen um Brandy. Doch dieser wollte ihm das Gewünschte nicht bringen, mit dem Verweis, dass kein Brandy mehr im Haus war. So ein Blödsinn, dachte Darcy, fragte dann aber nach Wein. Wein sei im Moment auch nicht verfügbar, erklärte der Diener. Darcy hob mit einem ungläubigen Blick fragend seine Augenbrauen. Denn schließlich wusste er um die Größe seines eigenen Weinkellers und es war nicht sehr wahrscheinlich, dass dieser sich in den nächsten zehn Jahren so leeren würde, wie sein Hausangestellter ihm das gerade deutlich zu machen versuchte.

Aber was sollte er machen? Er wusste, dass es dem Diener befohlen worden war ihm keinen Alkohol zu bringen. Entweder von Mrs. Reynolds oder von seiner Schwester. Er konnte nicht ganz ausmachen, wer von den beiden es gewesen war, der sich um seine Gesundheit sorgte und seinen in letzter Zeit zu übermäßigen Alkoholgenuß mit Skepsis sah, aber er wollte jetzt nicht darüber streiten. Er hatte immer noch einen Kater, der durch den Brandy, den er im Laufe des Tages immer wieder zu sich genommen hatte, nur noch schlimmer geworden war.

Allein das bewies schon, dass sie Recht hatten. Wer war schon so dumm trotz mordsmäßigem Kater noch weiter zu trinken?
Er trank wirklich zuviel, das wusste er selbst am besten. Aber es gab nichts anderes, was ihn Lizzie wenigstens annäherungsweise vergessen ließ. Doch er musste es auch ohne Alkohol schaffen sie zu vergessen, für sich selbst und für Georgiana. Nur heute, wo sie in seinem Haus zu Gast war und er sie bald nie wieder sehen würde, hätte er sich gerne sinnlos betrunken. Aber da dies ohne Alkohol schwierig war und er keinerlei Lust verspürte, sich selbst mit verletztem Bein und mit schmerzendem Kopf auf den Weg in seinen Weinkeller zu machen, beschloss er die Situation mit klarem Kopf zu meistern. Er nahm sich ein Buch und begann zu lesen. Leider konnte er sich nicht richtig darauf konzentrieren. Denn erst dachte er an die Gespräche, die er mit Lizzie schon über Bücher geführt hatte: "Ich bin sicher, wir lesen niemals dieselben Bücher oder zumindest nicht mit denselben Gefühlen." Er klappte das Buch wieder zu, aber dann hörte er sie lachen und war sich sicher, dass er etwas machen musste, um sich von ihrer Gegenwart in seinem Haus abzulenken. Wieso musste das Musikzimmer auch direkt unter seinem Schlafzimmer liegen. Und als sie dann wieder anfing zu singen, dachte er: Wie soll mich denn jemals auf etwas anderes konzentrieren, wenn ich sie singen höre? So gab er schließlich nach und versuchte nicht mehr seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Was hätte es auch gebracht? Alle Ablenkungsversuche wären verschwendete Liebesmüh gewesen.

Auch Lizzie hatte, sobald sie sich auf ihr Zimmer zurückgezogen hatte, ihre Mühe damit mit den Ereignissen des Tages umzugehen. Sie hatte vorgehabt sich früh hinzulegen und zu schlafen, denn sie war müde von der Reise, aber sobald sie im Bett lag und ihre Augen schloss, sah sie Mr. Darcy vor ihren Augen. Sie sah ihn in seinem Bett liegen, wie er sie mit dem durchdringendem Blick, der ihm eigen war, ansah. Sie dachte an sein erbärmliches Aussehen und dass alles ihre Schuld war. Wenn sie nicht damals so negativ von Mr. Darcy gesprochen hätte, hätte ihr Vater ihm sicher seine Zustimmung nicht verweigert. Wegen ihr lag er mit einer Beinverletzung im Bett und kannte keinen anderen Zeitvertreib mehr als sich zu betrinken. "Was habe ich dir bloß angetan, Fitzwilliam?"
Aber dann fiel ihr wieder sein Verhalten gegenüber ihr und Georgiana ein, wie Georgiana verschüchtert aus dem Zimmer gerannt war und wie er den Ring von ihr zurückgefordert hatte. "Du verdammter Mistkerl!" schrie sie, "was hast du mir angetan? Was hast du Georgiana angetan?" Sie brach in Tränen auf einem Stuhl zusammen.

Für eine ganze Weile tat sie nichts außer zu weinen. Dann endlich, als sie keine Tränen mehr hatte, dafür aber heftige Kopfschmerzen und geschwollene Augen, legte sie sich schlafen, nur um sich stundenlang im Bett herum zu wälzen. Sie fühlte sich so allein, so hilflos. Sie dachte darüber nach, was Darcy zu ihr gesagt hatte und was seine Reaktion bedeutete: Liebte er sie nicht mehr oder war er einfach nur sehr verletzt? Wollte er sie wirklich nicht mehr sehen oder wünschte er sich unbewusst, dass sie bei ihm blieb? Diese und ähnliche Fragen bewegten sie bis spät in die Nacht. Doch zuletzt fiel sie in einen unruhigen Schlaf.


Kapitel 7

Lizzies erste Feststellung am nächsten Morgen, nachdem sie erst einmal total verwirrt war, wo sie überhaupt war, war, dass sie hätte länger schlafen sollen. Denn sobald sie wach war und sich daran erinnert hatte, was gestern passiert war, spürte sie wieder dieses Ziehen in der Brust, dieser unangenehme Druck, der Liebeskummer ausmacht und der wie ein Stein auf der Brust liegt und einem am Atmen hindert. Obwohl sie schlecht und unruhig geschlafen hatte, war dieser Schmerz, während sie geschlafen hatte, nicht zu spüren gewesen. Jetzt verstehe ich, warum so viele bei Liebeskummer sterben wollen, dachte sie sich. Sie wünschen sich einfach nichts mehr zu empfinden. Verständlich, wenn man bedenkt, dass man vorher immer diese Last auf der Seele hatte.

Doch Lizzie war nicht bereit solch düsteren Gedanken nachzugeben. Sie konzentrierte ihre Kräfte darauf sich schnell anzuziehen und ihre Sachen zu packen. Schließlich wollte sie nicht länger hierbleiben als nötig. Nein, wenn sich auch ihre Freude auf ihr Zuhause in Grenzen hielt, vor allem da nun Jane, die einzige Person, die ihr von ihrer Familie noch wirklich etwas bedeutete, nicht mehr dort sein, hier wollte sie noch weniger bleiben. Die Vorstellung mit einem Mann in einem Haus zu leben, den sie liebte, der sie aber nun nur noch verachtete, war die schrecklichste Vorstellung, die es nach Lizzies Ansicht gab. Alles war besser als das!

So erschien sie auch sehr pünktlich zum Frühstück, wo Georgiana schon auf sie wartete. Georgiana sah hübsch aus wie immer und Lizzie fühlte fast so etwas wie Neid, da ihr sehr deutlich bewusst war, wie sie mit ihren verquollenen Augen und ihrem bleichen Gesicht wirken musste. Sie fühlte sich wie Aschenputtel mit der kleinen, aber feinen Ausnahme, dass es für sie kein Happyend gab. Sie aßen schweigend. Georgiana hatte sich zwar bemüht mit Lizzie zu reden, aber Lizzie brachte keinen klaren Satz zusammen und so folgte Georgiana, die spürte, dass Lizzie sich nicht unterhalten wollte, schließlich deren Beispiel.

Erst als es um den Abschied ging, wurde Georgiana wieder redseliger: "Du kannst ohne weiteres noch ein oder zwei Tage hierbleiben, wenn du willst. Du bist ja immer noch ganz erschlagen von der Hinreise. Ich meine, Fitzwilliam wird dich hier nicht fortjagen oder so und ich würde dich gerne noch eine Weile bei mir haben." "Nein, Georgiana, dein Bruder möchte mich hier nicht haben und dann bin ich nicht so unhöflich noch länger hierzubleiben. Es besser für mich, wenn ich jetzt gehe, und für deinen Bruder auch," entgegnete Lizzie mit einer Stimme, die entschlossen klingen sollte, es aber nicht war. Nun, wo es darum ging, Pemberley für immer zu verlassen, hatte Lizzie einen ziemlichen Kloß im Hals. Ich will doch eigentlich nicht hier weg, dachte Lizzie.

Georgiana sah, wie unwohl sich Lizzie fühlte und versuchte sie durch eine etwas komische Frage etwas aufzuheitern: "Wieso nennst Fitzwilliam eigentlich immer 'deinen Bruder', wenn du mit ihm sprichst? Ich meine, du nennst ihn nie bei seinem Namen, weder beim Vornamen noch beim Nachnamen? Wie sprichst du ihn denn an, wenn ihr alleine seid?" Georgiana merkte schon während sie diese Frage stellte, dass sie damit genau ins Schwarze getroffen hatte. Sie biss sich ärgerlich über ihre Dummheit auf die Lippen und wollte sich schon bei Lizzie entschuldigen, als diese mit matter Stimme antwortete: "Ich weiß nicht, wie ich deinen Bruder anders ansprechen könnte. Ich habe kein Recht mehr ihn Fitzwilliam zu nennen und Mr. Darcy ist mir zu förmlich. Ich meine,..." Sie stockte. Wieder einmal traten ihr Tränen in die Augen, sie konnte nichts dagegen machen. Was bin ich bloß für eine Heulsuse geworden, fragte sich Lizzie im Stillen.

Georgiana bemerkte Lizzies Verwirrtheit und schloss sie in ihre Arme, während sie Lizzie liebevoll Mut zu machen versuchte: "Oh, Lizzie, du bist jetzt schon wie eine Schwester für mich. Ich bin sicher, William wird sich wieder mit dir versöhnen und schon bald seid ihr glücklich verheiratet." "Ich glaube nicht, Georgie," war alles, was Lizzie hervorbringen konnte. Georgianas Worte hatten es ihr nur noch schwerer gemacht Pemberley ohne Tränen zu verlassen. Sie löste sich sanft von Georgiana und bemühte ihre Selbstbeherrschung wieder zu erlangen.

In diesem Moment sah sie ihn, Fitzwilliam Darcy, der sich ihr und Georgiana näherte. Mit einem Stock stützte er sich, um sein verletztes Bein nicht zu sehr zu belasten.

Lizzie fühlte, wie sie am ganzen Körper zu zittern begann. Ihre Handtasche fiel ihr herunter, so dass auch Georgiana sich umdrehte und ihren Bruder erkannte. Während sie sich bückte, um ihre Handtasche wieder aufzuheben, trat er an sie heran. Als sie gerade wieder vom Boden aufgestanden war, verbeugte er sich leicht vor ihr und sagte: "Miss Bennet, ich wollte mich noch von Ihnen verabschieden." Seine Augen suchten die ihren, aber Lizzie wich seinem Blick aus. Was kann er jetzt noch wollen, dachte sie. "Mr. Darcy," antwortete sie mit einer Gelassenheit, die ihr selbst unbegreiflich war und verbeugte sich leicht. Als sie ihren Kopf wieder hob, begegneten sich wieder ihre Blicke. Für einen Moment dachte Lizzie, dass ihr Herz aufhöre zu schlagen. Sie hielt die Luft an. Erst als Georgiana, die sich langsam von ihnen entfernte, ihre Aufmerksamkeit von Mr. Darcy ablenkte, atmete sie aus. "Georgiana, bleib da," sagte sie. Aber die Worte kamen nicht aus ihrem Mund. Sie spürte Darcys Blicke auf sich und ihr Gesicht wurde noch blasser. Wieso tat er ihr das an? Konnte er sie nicht einfach gehen lassen? Musste er sie unbedingt noch einmal in Verlegenheit bringen? Aber vielleicht wollte er ja auch alles wiedergutmachen, was er gestern zu ihr gesagt hatte! Machte sie sich jetzt nicht doch etwas zuviel Hoffnungen? Sie würde doch nur wieder enttäuscht werden. Gewiss wollte er sich wirklich nur von ihr verabschieden, damit es keinen Tratsch unter den Bediensteten gab.

Schließlich sagte er: "Mein gestriges Benehmen tut mir außerordentlich leid. Ich hoffe, Sie können mir verzeihen." War das alles, war Lizzies erster Gedanke. Dachte er tatsächlich, dass er damit wiedergutmachen könnte, was er gestern zu ihr gesagt hatte. Sie drehte sich um, solche Entschuldigungen wollte sie nicht hören. Was wollte er denn überhaupt bezwecken? Das war nicht, was sie hören wollte. Sie wollte nicht, dass er sich nur bei ihr entschuldigte, weil er glaubte, dass er ihr das schuldig war. Sie versuchte wegzulaufen, aber er hielt sie am Handgelenk fest. "Lass mich los!" schrie sie. Nun war sie wütend. Was bildete er sich überhaupt ein? Sie war doch nicht sein Eigentum, mit dem er umgehen konnte, wie es ihm beliebte. "Bitte, Lizzie, hör mir zu!" Diesmal konnte Lizzie spüren, dass es ihm wirklich leid tat, wie er sie behandelt hatte, und er hatte sie tatsächlich bei ihrem Kosenamen gerufen...

Aber Lizzie war zu wütend auf ihn, um sich davon beeinflussen zu lassen. All das, was sie seit ihrer ihrem Zusammentreffen gestern belastet hatte, brach jetzt aus ihr heraus: "Was bist du eigentlich für ein arroganter Esel! Ich komme hierher, weil ich dich liebe und weil deine Schwester mir erzählt hat, wie schlecht es dir geht, und du behandelst mich wie den letzten Dreck. Wer bin ich denn, dass du so auf mir herumtrampeln kannst?! Ich kann nicht mehr, ich kann einfach nicht mehr! Ich habe auch gelitten, als du plötzlich weg warst! Ich bin sogar extra um dich zu sehen am nächsten Morgen nach Netherfield gelaufen, nur um dort von Charles darüber informiert zu werden, dass du schon abgereist warst. Was denkst du, wie ich mich da gefühlt habe? Hast du wirklich gedacht, ich hätte mich gefreut, dich nicht heiraten zu dürfen?" "Ich dachte, du liebst mich nicht," war die einfache und etwas verlegene Antwort von Darcy.

"Wie konntest du das nur denken?" fragte Lizzie leise und betrübt, während sich eine Träne ganz langsam über ihre recht Wange rann. "Ich weiß es nicht," entgegnete Darcy mit heiserer Stimme, während er ihr mit dem Daumen sanft die Träne wegwischte. Daraufhin zog er ihr Gesicht näher zu sich und berührte ganz zärtlich mit seinen Lippen die ihren. Lizzie konnte sein Rasierwasser riechen, sie spürte die leichte Berührung seiner Lippen und fühlte wie ihr Kopf hochrot wurde und sich um sie herum alles zu drehen begann. Sie drückte sich näher an ihn und legte die Arme um seinen Hals. Auch er zog ihr Gesicht mit seiner freien linken Hand näher zu sich. Das Gefühl, das dieser Kuss bei ihm auslöste, überwältigte ihn fast. Er wollte sie nicht mehr loslassen, sie noch näher an sich spüren. Er vertiefte den Kuss, als er merkte, dass sie seinen Kuss erwiderte. Wie konnte er nur jemals daran gedacht haben, sie gehen zu lassen?

Als Lizzie spürte, wie Darcy leicht mit seiner Zunge die ihrige berührte, lief ihr ein angenehmer Schauer über den Rücken und ihr wurde etwas schwindelig, so dass sie sich leicht gegen Darcy fallen ließ. Dieser schwankte etwas und löste sich dann von ihr.

Sie waren beide hochrot und atmeten unregelmäßig. Zunächst sprach keiner von ihnen ein Wort und befangen, wie sie waren, wichen sie beide denn Blicken des jeweils anderen aus, bis Lizzie schließlich das Wort ergriff: "Du hast meine Frage nicht beantwortet." Darcy blickte sie für einen Moment völlig verwirrt an. Er hatte mittlerweile die Frage vergessen und musste erst noch einmal eine Sekunde nachdenken, bevor er wusste, was Lizzie meinte.

"Dein Vater hat behauptet, du liebtest mich nicht," sagte er letztlich. "Aber ich hatte dir doch noch an dem Tag gesagt, wie sehr ich dich liebe. Wieso hast du meinem Vater mehr geglaubt als mir?" fragte sie ruhig. "Ich dachte, er kennt dich vielleicht besser als ich und ich hätte mich vielleicht doch geirrt," entgegnete Darcy. "Es war dumm von mir, ich weiß, aber ich war halt unsicher und dann hat er noch meine Fehler aufgezählt und ich dachte mir, ich hätte mich doch in deinen Gefühlen für mich getäuscht. Ich meine, ich habe mich ja sowieso die ganze Zeit gefragt, wie du mir mein Verhalten in Kent jemals hast verzeihen können und als dann dein Vater sagte, dass du niemals einen Mann wie mich heiraten könntest, glaubte ich ihm. Du verdienst einen viel besseren Mann als ich es bin." "Oh, Fitzwilliam, wo soll ich denn einen besseren Mann finden? Und selbst, wenn es einen besseren Mann gäbe, ich wöllte niemanden außer dich," erwiderte Lizzie sanft, während sie mit ihrer Hand über Darcys Wange strich. Er ergriff ihre Hand und küsste die Innen- und die Außenseite sowie jeden einzelnen Finger, dann blickte er ihr zärtlich in die Augen: "Verzeihst du mir?" "Natürlich," antwortete Lizzie, "was bleibt mir anderes übrig? Schließlich habe ich mich so sehr in dich verliebt, dass ich alle deine Fehler geflissentlich übersehe." Er schaute sie ernst und durchdringend an, so dass sie schnell hinzufügte: "Mann, das war ein Scherz!" Sein Gesicht entspannte sich deutlich. Lizzie überlegte einen Moment, fragte dann aber nach dem Grund für sein Verhalten gestern. Sie wusste, dass dies ein heikles Thema zwischen ihnen war, aber sie musste einfach die Gründe für sein Handeln erfahren. "Aber gestern... Wir müssen über gestern reden. Ich...," war alles, was Lizzie hervorbrachte, aber Darcy verstand, was sie wissen wollte: "Ich war gestern in einer sehr schlechten Stimmung. Zunächst einmal war es mir peinlich, als du mich in diesem jämmerlichen Zustand gesehen hast und dann wollte ich dich verletzen, weil ich so verletzt war und wollte, dass du genauso sehr leidest, wie ich schon die ganze Zeit gelitten hatte. Es tut mir leid, aber ich dachte, dass..." "Ich dich nicht liebe?" fragte Lizzie sanft. "Ja, genau," antwortete Darcy. "Aber als ich dir dann meine Liebe gestanden habe, wieso hast du dann nichts gesagt? Hast du mir nicht geglaubt? Hast du gedacht, ich lüge dir ins Gesicht?" wollte Lizzie unter leisem Schluchzen von ihm wissen. "Ich habe dir geglaubt, aber ich dachte, es wäre das Beste es dabei zu belassen," versuchte Darcy Lizzie die Gründe für sein Verhalten zu erklären. "ES dabei zu belassen?" brach es aus Lizzie hervor, "du hast mir damit fast das Herz gebrochen!" Sie blickte Darcy entsetzt und fassungslos an. "Ganz ruhig, hör mir erstmal zu," bemühte Darcy sich sie zu beruhigen. "Ich weiß, wie sehr ich dich verletzt habe, aber ich dachte, es wäre besser dir jetzt das Herz zu brechen als jahrelang verlobt zu bleiben, um sich dann doch trennen zu müssen, da dein Vater nicht nachgibt. Ich dachte, es wäre klüger sofort einen Schlussstrich zu ziehen als weiterzumachen wie bisher und dann zu einem Zeitpunkt auseinander zu gehen, wo wir noch mehr unter der Trennung gelitten hätten. Wir können nicht ohne den Segen deines Vaters heiraten und es schien mir nicht sehr wahrscheinlich, dass dein Vater seine Meinung plötzlich ändern würde. Deshalb dachte ich, es sei besser, sich sofort voneinander zu lösen." Lizzie starrte ihn einen Moment lang sprachlos an und fragte dann, immer noch sichtlich erbost und mit zynischem Unterton: "Und was hat dich nun dazu bewogen, deine achso intelligente Meinung darüber zu ändern? Bist du etwa zu der Erkenntnis gekommen, dass du mit deinem Urteil falsch lagst?" "Nein," erwiderte Darcy wahrheitsgemäß, "aber ich konnte dich einfach nicht gehen lassen. Selbst wenn das letztlich die schlechtere Entscheidung sein sollte, ich konnte dich nicht gehen lassen ohne dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe, wie sehr ich mich nach dir sehne, wie sehr ich dich brauche. Oh Lizzie, bitte vergib mir, wenn ich damit die falsche Entscheidung getroffen haben sollte. Ich bin egoistisch, ich weiß, aber ich kann einfach nicht ohne dich..." Bei diesen Worten schloss Lizzie ihm den Mund mit einem raschen Kuss. Er war so überrascht, dass ihm das Blut in die Ohren schoss und ihm ganz heiß wurde. Dieses Mädchen brachte ihn noch vollständig um den Verstand!


Kapitel 8

Sie standen eine ganze Weile eng umschlungen in Pemberleys Eingangshalle und küssten sich, aber dann spürten sie, dass sie nicht alleine waren und lösten sich langsam voneinander. Etwas abseits von ihnen stand Mrs. Reynolds, die geflissentlich übersah, auf welche Weise Darcy und Lizzie sich gerade eben erst vergnügt hatten. Während Lizzie hochrot wurde und ihre Augen auf den Boden richtete, als sie bemerkte, bei was man sie ertappt hatte, blieb Darcy vollkommen ruhig und nahm die Briefe entgegen, die ihm Mrs. Reynolds reichte. Er schaffte es sogar sie ohne auch nur eine Miene zu verziehen zu erklären: "Bitte lassen Sie Miss Bennets Gepäck wieder ins Haus bringen. Sie hat sich entschlossen ihren Besuch auf Pemberley zu verlängern." "Aber natürlich," antwortete Mrs. Reynolds und fügte, bevor sie Darcy und Lizzie wieder allein ließ hinzu: "Unter den Briefen ist auch ein Brief für die junge Miss dabei."

Darcy suchte Lizzie den Brief aus dem Stapel heraus und reichte ihn ihr. "Er ist gewiss von Jane," kommentierte Lizzie. "Sie wird sich gewiss freuen, wenn ich ihr antworten kann, dass wir uns wieder vertragen haben. Wie schaffst du es eigentlich so locker zu bleiben, wenn deine Bediensteten dich bei solchen eher ungelegenen Situationen stören? Ist dir das nicht peinlich?"
"Peinlich?" fragte Darcy mit einem erstaunten Lächeln. "Ich habe nichts dagegen, wenn die ganze Welt erfährt, wie sehr wir uns lieben. Außerdem sind wir verlobt. Ich habe also jedes Recht dich in aller Öffentlichkeit zu küssen und wenn du erst einmal meine Frau bist, werde ich dafür sorgen, dass alle Diener sehen, wie viel du mir bedeutest, meine liebste, tugendhafteste Elisabeth." Er küsste ihre Stirn, aber sie reagierte nicht. Ihre ganze Konzentration richtete sich auf den Brief in ihren Händen. Als sie schließlich ihre Augen von dem Brief nahm und ihn anblickte, sah er einen besorgten Ausdruck auf ihrem Gesicht. "Was ist los?", wollte er wissen. Er ergriff mit seiner linken Hand ihre Schulter, nachdem er schnell seine Briefe eingesteckt hatte. "Mein Vater," war alles, was Lizzie hervorbrachte, ihre Augen blickten in die Ferne. "Was ist mit deinem Vater?" fragte Darcy ungeduldig. Was konnte Lizzie nur so beunruhigen? Ging es ihrem Vater etwa nicht gut?
"Lies," entgegnete Lizzie und reichte ihrem Verlobten den Brief. Ihre Hände berührten sich für einen Augenblick und beide fühlten, wie die plötzliche Berührung sie zusammenzucken ließ.

Darcy begann den Brief zu lesen, den Lizzie ihm gereicht hatte:

Liebe Lizzie,
wie soll ich dir diesen Brief schreiben? Als ich heute in London ankam, war ich der festen Überzeugung dich dort zu finden. Aber wie hatte ich mich getäuscht? Kaum war ich im Haus meines Schwagers angekommen, erzählte man mir, du seist in Derbyshire, in Pemberley um genau zu sein, und würdest dort Mr. Und Miss Darcy besuchen.

Ich weiß nicht, ob es mich mehr verletzt hast, dass du dort gegen meinen Willen hingefahren bist oder dass du mich bezüglich dieser ganzen Unternehmung angelogen hast, aber dein Verhalten hat mich überzeugt, dass ich mich hinsichtlich deines Charakters geirrt habe.

Was auch immer der Grund für diese Reise war, interessiert mich nicht! Es war unschicklich für dich dort hinzufahren, vor allem ohne meine Erlaubnis. Die Gardiners stimmen mir übrigens darin voll und ganz zu.

Ich erwarte, dass du auf der Stelle nach London zurückkehrst, wo ich deine Ankunft erwarte. Falls du daran denkst deinen Mr. Darcy heimlich zu heiraten, sei versichert, dass du danach nicht mehr auf Longbourne willkommen sein würdest und deine Familie sofort jeglichen Kontakt zu dir abbrechen würde.

Ich hoffe, du besitzt genug Verstand deine Fehler einzusehen und nach London zu kommen, ansonsten sehe ich mich gezwungen selbst nach Derbyshire zu reisen und dich von dort wieder nach zurück zu deiner Familie zu bringen.

Du hast mich zutiefst enttäuscht,

Dein Vater Edward Bennet

Darcy schaute Lizzie entsetzt an, als er den Brief gelesen hatte. "Es tut mir leid," sagte er mit leiser Stimme. "Es braucht dir nicht leid zu tun," antwortete Lizzie, "ich habe die Entscheidung getroffen hierher zu kommen, ich habe meine Vater, meinen Onkel und meine Tante belogen. Dir kann man keinen Vorwurf machen. Du wusstest ja nicht einmal davon. Ich werde den Ärger meines Vaters auf mich nehmen, ich ganz allein." "Nein das will ich nicht!" erklärte Darcy. In ihm erwachte sein natürlicher Beschützerinstinkt. Er würde nicht zulassen, dass seine Verlobte, sich der Aufgabe ihrem Vater gegenüber zu treten alleine stellen musste: "Ich werde alle Schuld auf mich nehmen. Ich will nicht, dass dein Vater dir..." Hier unterbrach ihn Lizzie: "Nein, das wirst du nicht. Wenn du das machst, hat er einen Grund mich von dir fernzuhalten. Er wird dich niemals akzeptieren, wenn du..." Hier setzte ihre Stimme aus und ging in ein leises Schluchzen über. Darcy zog sie an sich, umarmte sie und streichelte sanft ihr Haar. Lizzie drückte sich näher an seine Brust und horchte auf seinen unregelmäßigen Herzschlag. Sie fühlte sich geborgen und beschützt und überlegte einen Moment, ob sie nicht einfach bei ihm bleiben sollte. Sie hatte das Gefühl, dass sie mit ihm zusammen alles bewältigen konnte. Sie schwiegen beide für einen Moment, dann fragte Darcy plötzlich in die Stille hinein: "Soll ich dich wenigstens nach London begleiten?" Lizzies erster Gedanke war: 'Ja, bitte tu das!' Aber sie sagte: "Du weißt wie das wirken würde, oder?" Er entgegnete nur: "Du hast recht, das ist keine gute Idee," obwohl er sich gar nicht vorstellen konnte, sie gehen zu lassen. Doch er wusste, es musste sein.

"Ich komme so bald wie möglich nach London," versprach er ihr, während er ihren Kopf hochhob, um ihr in die Augen zu sehen. "Ich denke nicht, dass ich lange in London bleibe," war alles, was sie darauf entgegnete, während sie ihn mit großen, traurigen Augen ansah. "Dann komme ich nach Hertfordshire. Ich lasse dich nicht allein. Hörst du, Lizzie? Ich bin immer für dich da! Ich lasse dich nicht im Stich!" Er sah sie einem fest entschlossenen, aber dennoch liebevollem Blick an. Sie konnte nicht anders als ihn anzulächeln und sah, wie dieses Lächeln seine Augen zum Funkeln brachte und er nicht anders konnte als sie anzugrinsen wie ein verliebter Schuljunge. "Und damit du immer daran denkst, habe ich was für dich!" Er holte den Verlobungsring, den er gestern noch von ihr zurückverlangt hatte, hervor und steckte ihn an ihren Finger. "Oh, Fitzwilliam!" rief Lizzie aus und brach erneut in Tränen aus. Er drückte sie fest an sich und versuchte die Tränen, die ihm jetzt auch in die Augen stiegen, zu unterdrücken. Er liebte sie so sehr, dass es unmöglich für ihn war, sich vorzustellen, sich auch nur für eine kurze Zeit von ihr zu trennen. Er vermisste sie schon, bevor sie sein Haus verlassen hatte. Wie sollte erst damit klarkommen, wenn sie weg war? Wie sollte er nur eine Stunde ohne sie auskommen, geschweige denn einige Tage oder Wochen?

Georgiana kam auf sie beide zu und ihr Gesicht fing an zu leuchten, als sie sah, wie Darcy und Elisabeth sich umarmten. "Ihr habt euch also wieder versöhnt?" platzte sie hervor. "Ja," antwortete Darcy ihr. "Dann bleibt Elisabeth also hier?" Georgiana strahlte nur so vor Freude. "Nein." Der Antwort ihres Bruders folgte eine sofortige Reaktion. Georgianas Mundwinkel zogen sich nach unten und sie sah sichtlich enttäuscht aus. "Aber wieso? Ich meine, jetzt, wo ihr euch wieder vertragen habt..." Hier brach sie ab. Diesmal antwortete ihr Lizzie, nachdem sie ihr ihren Kopf zugewandt hatte: "Ich muss wieder in die Stadt, aber ich schreibe dir gern, wenn du möchtest." "Natürlich, das wäre toll," erwiderte Georgiana erfreut und fügte schnell eifrig hinzu, "und ich werde dir auch immer fleißig zurückschreiben." Darcy betrachtete die Zuneigung seiner kleinen Schwester zu seiner Verlobten mit sichtlichem Vergnügen. "Schreibst du mir denn auch?" fragte er Lizzie mit sanftem, neckischem Ton. "Das muss ich mir noch überlegen, Sir. Schließlich bin ich eine tugendhafte Frau und schreibe keine Briefe an fremde Männer. Was denken Sie eigentlich von mir?" war ihre ironisch-bissige Antwort. Georgiana, die erst gedacht hatte, dass Lizzie ihre Worte ernst gemeint hatte, schien ein bisschen erschrocken, aber als ihr Bruder über Lizzies Worte lachte, wurde auch ihr klar, dass Lizzie nur einen Scherz gemacht hatte.

Darcy meinte, dass jetzt die Zeit sei, sich zu verabschieden, und führte Georgiana und Lizzie aus dem Haus, Georgiana an seiner linken Seite, Lizzie an der rechten. Er musste sich auf Lizzie stützen, da er mit seinem Bein immer noch nicht laufen konnte, und diese zog ihn eng an sich. "Tut dein Bein noch sehr weh?" flüsterte sie ihm besorgt zu. "Nein, nicht so sehr, wie mein Herz schmerzen wird, wenn ich mich gleich von dir verabschieden muss," erwiderte er. Es sollte lustig klingen, aber es hörte sich eher betrübt an. "Soll ich nicht doch besser hierbleiben?" fragte Lizzie unsicher und blickte ihn flehend an. Nun dass sie sich von ihm verabschieden musste, wollte sie, dass er sie bat, bei ihm zu bleiben, dass er ihr einen Grund gab, nicht zu gehen.

Er seinerseits blieb stark und erwiderte: "Nein, du solltest nach London fahren." Er musste sie gehen lassen, er wusste es. Sie würde es bedauern, wenn sie bei ihm blieb und dadurch die Sympathie ihres Vaters verlor. Er durfte nicht nur an sich denken. Sie würde es bereuen, wenn sie nicht ging. Darcy versuchte den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. Wieso tat es nur so verdammt weh das Richtige zu tun?

Mittlerweile hatten sie die Kutsche erreicht. Darcy fragte Georgiana und die Diener mehrmals, ob alle Sachen von Lizzie untergebracht waren, ob sie für Proviant für die Reise gesorgt hatten, ob mit dem Wagen und den Pferden alles in Ordnung war. Ihm war jedes Mittel recht, die Abfahrt zu verzögern.

Doch schließlich war es soweit: Lizzie verabschiedete sich. Zuerst drückte sie Georgiana, der sie noch einmal versprechen musste zu schreiben, und dann stand sie vor Darcy. Sie trat von einem Bein aufs andere und sah ihn unentschlossen an. Auch Darcy wusste nicht, was er sagen sollte. Dann, als Lizzie leise bemerkte: "Ich denke, ich muss los," zog er sie in seine Arme und hielt sie einfach nur fest. Er spürte, wie ihr Körper bebte und hörte ihr Schluchzen. "Bitte, Lizzie, hör auf. Wie soll ich dich gehen lassen, wenn du so weinst? Komm, beruhige dich! Wir sehen uns doch bald wieder!" bat er sie. Ihre Schluchzer zerrissen ihm das Herz. Lizzie löste sich aus seiner Umarmung und bemühte sich ihre Tränen wegzuwischen, während sie entschuldigend sagte: "Es tut mir leid, Fitzwilliam, ich werde stark sein," und ihn mit einem halbherzigen Lächeln belohnte. Er reichte ihr sein Taschentuch und beobachtete, wie sie sich die Tränen abwischte, während sie versuchte zu scherzen: "Du siehst mich heute wirklich auch nur weinen, Fitzwilliam. Du musst ja schon glauben, dass du dich mit einer Heulsuse verlobt hast." "Nein, das glaube ich keineswegs, Elisabeth," bemerkte er mit einem Lächeln. "Außerdem machen dich Tränen nur noch schöner, Liebste." Lizzie sah ihn mit einem ungläubigen Blick an, erwiderte aber nichts darauf. Sie reichte ihm sein Taschentuch zurück, aber er bedeutete, sie könne es behalten. "Damit du mich nicht vergisst," sagte er. Dann half Darcy Lizzie in die Kutsche, er küsste noch einmal ihre Hand und hielt sie einen Moment länger fest. Doch als der mittlerweile schon ungeduldige Kutscher die Pferde anspornte, ließ er ihre Hand los und drehte sich um. Er wollte sie nicht wegfahren sehen.

Plötzlich hörte er, wie der Kutscher die Pferde mit einem Pfiff wieder zum Stehen brachte. Er drehte sich verwundert um und sah, wie Lizzie auf ihn zugerannt kam. "Was...?" begann er, als sie ihn fast schon erreicht hatte, aber sie ließ ihn nicht zuende reden, sondern gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Darcy wurde fast umgeworfen, als sie in seine Arme geflogen war, und versuchte wieder einen sicheren Stand zu bekommen, was gar nicht so leicht war, da sein gesundes Bein sich wie Pudding anfühlte, sobald Lizzies Lippen die seinen berührt hatten. Er wunderte, dass er nicht auf der Stelle umfiel, denn sein Bein fühlte sich so wackelig an, dass er der festen Überzeugung war, dass es ihn nicht tragen konnte. Aber irgendwie schaffte es Lizzie, sie beide wieder in eine Art Gleichgewicht zu bringen.

Darcy kam Lizzies Kuss aber trotz dieser kleinen Probleme sehr gelegen und er löste seine Lippen erst wieder von den ihrigen, als die Gefahr bestand, dass sie aufgrund von Sauerstoffmangel in Ohnmacht fallen könnte. Tatsächlich schnappte sie nach Luft, als er sie endlich losgelassen hatte. "Willst du mich etwa umbringen?" keuchte sie atemlos. "Nein," erwiderte Darcy, nun doch etwas von seinem eigenen Verhalten erschrocken, "entschuldige, ich konnte nicht anders." "Ich dachte, du hättest dich besser unter Kontrolle," bemerkte sie neckisch. "Wenn es um dich geht, bin ich ein schwacher Mann," entgegnete er mit einem Lächeln, "aber bist deswegen zurückgelaufen, um das festzustellen?" "Nein, ich wollte dir nur was geben. Du hast mir den Ring gegeben als Erinnerung und das Taschentuch, aber du hast nichts von mir. Ich wollte dir meinen Schal geben, damit du auch etwas hast, was dich an mich erinnert, was dir sagt, dass ich dich liebe und so..." Sie hatte nicht einmal Luft geholt, während sie das gesagt hatte, und war nun ziemlich außer Atem, während sie ihm stolz den Schal reichte. "Ganz ruhig, Lizzie, atme erstmal ein und aus," versuchte er sie zu beruhigen, "und danke für deinen Schal." Er nahm den Schal entgegen und roch daran. Aber dann wurde ihm bewusst, dass es Winter war und sie ohne Schal auf ihrer Reise frieren könnte. "Aber, Elisabeth, ich kann deinen Schal nicht annehmen. Du wirst doch ohne Schal sicher schrecklich frieren. Ich werde dich auch ohne Erinnerungsstück nicht vergessen, mein Schatz."

Doch Lizzie bestand darauf, dass er den Schal behielt. So musste sich Darcy, um dafür zu sorgen, dass seine Lizzie trotzdem gesund in London ankam, etwas Besseres einfallen lassen. Er schickte einen Diener einen Umhang von ihm zu holen und legte den Umhang zärtlich um Lizzies Schultern. "So, und nun geh," befahl er ihr, "sonst fährt deine Kutsche noch ohne dich nach London." Sie dankte ihm und gab ihm noch einen kurzen Kuss, bevor sie zu der Kutsche zurückrannte.

Ich sollte ihr das Rennen abgewöhnen, dachte Darcy schmunzelnd. Sowas gehörte sich doch nicht für eine fast verheiratete Frau.


Kapitel 9

Lizzies Gefühle, als sie Pemberley verließ, zu beschreiben, ist schwierig: Auf der einen Seite war sie unheimlich froh, dass sie sich vor ihrer Abfahrt mit Darcy versöhnt hatte, auf der anderen Seite war sie traurig, dass sie ihn so schnell wieder verlassen musste und dass sie nicht mehr Zeit miteinander hatten verbringen können.

Sie kuschelte sich in Darcys Umhang, schloss ihre Augen und erinnerte sich an seine sanften braunen Augen, an seine Berührungen und an seinen Kuss. Sein Umhang hatte über die Jahre seinen Geruch angekommen und so fühlte sie sich, als ob sie sich immer noch in seiner Nähe, in seiner Umarmung befände. Bald schlief sie friedlich ein und träumte von ihrem Liebsten.

Sie machte nur zum Wechseln der Pferde einmal kurz Halt, setzte dann aber sofort ihre Reise fort und übernachtete in der Kutsche. Während der erste Tag der Reise noch sehr schnell vergangen war, zog sich der zweite Tag ihrer Reise ziemlich hin und Lizzie fühlte sich immer müder. Sie war in den letzten paar Tagen nur unterwegs gewesen und, obwohl sie sonst eigentlich nicht sehr empfindlich war, machte ihr das mehr zu schaffen, als sie gedacht hätte.

Doch diese Erschöpfung sorgte auch dafür, dass sie während der Fahrt trotz Rückenschmerzen und sonstigen Verspannungen schlafen konnte. Erst kurz vor London wachte Lizzie wieder auf. Sobald sie erkannte, dass sie bald da sein würde, zog Lizzie den Verlobungsring ab und verstaute ihn mit Darcys Umhang in ihrem Gepäck. Sie musste ihren Vater nicht zusätzlich durch den Verlobungsring provozieren. Er würde sowieso schon wütend genug sein. Nun da sie weit von Darcy weg war und ihrem Vater gleich unter die Augen treten musste, bekam sie Angst vor seiner Reaktion. Was würde er sagen? Was würde ihre Strafe sein und würde ihr Vater etwas gegen ihren Verlobten unternehmen? Bei diesem Gedanken fröstelte es ihr. Er würde doch nicht etwa... Sie versuchte diese dunklen Gedanken zu verscheuchen und sich daran zu erinnern, dass sie immer noch die Lieblingstochter ihres Vaters war und er ihr das wohl kaum antun würde.

Doch als sie zur Mittagszeit am zweiten Tag ihrer Reise in der Gracechurch Street ankam, schien es ihr nicht mehr so, dass sie die Lieblingstochter ihres Vaters wäre. Als sie in das Wohnzimmer geführt wurde, traf sie dort erst nur ihre Tante und ihre Cousins und Cousinen vor. Ihre Tante war sehr kühl, sie bot ihr etwas zu essen an, ließ sich aber auf sonst kein Gespräch ein. Lizzie aß alleine in der Küche und versuchte sich eine Strategie für das anstehende Gespräch mit ihrem Vater zu überlegen. Leider kam sie nicht sehr weit und sie hatte gerade erst gegessen, als ihre Tante ihr mitteilte, dass ihr Vater und ihr Onkel wieder da wären und ihr Vater sie zu sprechen wünsche.

Lizzie ging, nachdem sie kurz an die Tür geklopft hatte, in das Arbeitszimmer ihres Onkels, wo ihr Vater auf sie wartete, und der strenge Blick, mit dem ihr Vater sie bei ihrem Eintritt musterte, trug nicht unbedingt dazu bei, dass sie sich besser fühlte. Einen Moment lang wünschte sie sich, dass ihr Fitzwilliam mit ihr nach London gekommen wäre, aber sie wusste natürlich, dass das alles nur schlimmer gemacht hätte.

Sobald Lizzie die Tür hinter sich geschlossen hatte, fing Mr. Bennet auch schon mit seiner Strafpredigt an: "Lizzie, was hast du dir dabei gedacht, allein nach Derbyshire zu reisen? Weißt du nicht, dass es völlig unangebracht für eine junge, unverheiratete Frau ist, alleine zu reisen und dann auch noch einen jungen Mann in seinem Haus zu besuchen? Was hast du dir dabei nur gedacht? Wenn das bekannt würde, würde kein respektabler Mann dich mehr heiraten. Dein Ruf wäre vollkommen ruiniert! Bist du eigentlich total dämlich? Was hast du dir bei dieser Unternehmung gedacht? Erklär's mir bitte, denn ich verstehe nicht, wie du, die ich immer für die verständlichste meiner Töchter gehalten habe, so was hast tun können! Du bist doch sonst nicht so halsstarrig und unreif wie Lydia! Also, was hast du dir dabei gedacht?" Mittlerweile schrie Mr. Bennet Lizzie an.

Lizzie schien einen Moment verwirrt, dann entgegnete sie mindestens genauso verärgert wie ihr Vater: "Ich habe es aus Liebe zu meinem Verlobten gemacht, der ohne mich in Derbyshire an einem gebrochenen Herzen litt und fast daran kaputtging! Wegen dir und deinen Lügen! Und mein Ruf ist nicht zerstört, denn seine Schwester war auch auf Pemberley anwesend. Außerdem scheint es mir nicht, dass du ein Problem damit haben würdest, wenn mich kein respektabler Mann mehr heiraten wollte, denn erst kürzlich hast du einen sehr respektablen und ehrbaren Mann abgelehnt, der mich heiraten wollte. Was kümmert dich also mein Ansehen in der Gesellschaft?"

"Denkst du wirklich, dass jemand ein nicht einmal volljähriges Mädchen als Anstandsdame durchgehen lässt? Und der Mann von dem du als deinem Verlobten sprichst - was er übrigens nicht ist, wenn ich dich erinnern darf -, ist weder ehrbar noch respektabel. Das beweist schon, dass er dich gegen jeglichen Anstand zu sich nach Hause eingeladen hat. Er hat sich über meine Ablehnung eurer Beziehung auf frevelhafte Weise hinweggesetzt. Er hat keinen Respekt vor mir als deinem Vater, nicht vor deiner Familie und auch nicht vor dir. Sonst würde er deinen Ruf nicht so gefährden", schrie Mr. Bennet Lizzie an.

Diese zitterte vor Wut und kreischte zurück: "Georgiana hat mich eingeladen und nicht Fitzwilliam, damit du es nur weißt. Es war eine Überraschung für ihn! Und ER hat Respekt vor mir, DU bist derjenige, der KEINEN Respekt vor mir und meinen Gefühlen hat, sonst hättest du mich gefragt, bevor du ihn abgelehnt hättest!" Lizzie brach in Tränen aus. Mr. Bennet betrachtete seine Tochter ein bisschen verwirrt, dann sagte er etwas ruhiger: "Lizzie, glaub mir, es ist besser für dich, wenn du Mr. Darcy nicht heiratest. Es wäre schön, wenn du mir und meiner Lebenserfahrung in diesem Punkt vertrauen würdest. Du glaubst jetzt ihn zu lieben, aber es wird dir nicht möglich sein, ihn als lebenslangen Partner zu lieben und zu respektieren. Deshalb wirst du ihn auch nicht heiraten! Du sollst nicht denselben Fehler machen wie ich!"

"Und wenn ich keinen Fehler mache?", rief Lizzie aus. "Ich liebe Fitzwilliam und er liebt mich. Er ist ein kluger und verständiger Mann, großzügig, freundlich, liebevoll.." Hier unterbrach sie ihr Vater: "Ich weiß ja nicht, ob du blind vor Liebe bist, Lizzie, aber dein Mr. Darcy ist ein stolzer, reservierter, arroganter Mann, der sich bei eurer ersten Begegnung zu fein dafür war mit dir zu tanzen. Das ist der Mann, den du liebst."

"Er ist nicht immer so! Man muss ihn nur besser kennen lernen. Dann ist er ganz anders!“, widersprach Lizzie leidenschaftlich.

Aber ihr Vater ließ das nicht gelten: "Er ist genauso, wie ich ihn beschrieben habe! Du kannst das bloß vor lauter Verliebtheit zurzeit nicht sehen! Aber wenn du erst einmal verheiratet wärst, würdest du deinen Fehler bald erkennen und bereuen. Nein, Mr. Darcy ist nicht der richtige Mann für dich! Wenn du erst einmal wieder zur Vernunft gekommen bist, wirst du mir noch dankbar dafür sein, dass ich ihm nicht meinen Segen gegeben habe."

"NIEMALS!“, stieß Lizzie hervor, "ich liebe ihn und ich werde nie einen anderen lieben! Du kannst uns nicht trennen! Das ist unmöglich!"

"Das glaube ich nicht!", erwiderte Lizzies Vater mit deutlichem Sarkasmus. "Was wäre zum Beispiel, wenn du seine Briefe nicht bekommen würdest?" Er zog einen Brief hervor. Lizzie konnte den Absender nicht sehen, aber sie war sich sicher, dass es ein Brief von Mr. Darcy war.

"Gib mir seinen Brief!", schrie sie und rannte auf zu ihrem Vater, um ihm den Brief aus der Hand zu reißen. Doch dieser war schneller und warf den Brief, bevor sie ihn ergreifen konnte, in den Kamin. Lizzie konnte gerade noch Darcys Siegel auf dem Brief sehen, ehe dieser verbrannte. Lizzie spürte eine Mischung aus ungebändigter Wut und tiefer Verzweiflung. "ICH HASSE DICH!", schrie sie ihrem Vater ins Gesicht. "Ich hasse dich von ganzem Herzen!"

"Dazu hast du jegliches Recht", entgegnete ihr Vater ungerührt und rief ihr, während sie aus dem Zimmer stürmte, noch hinterher: "Morgen früh fahren wir zurück nach Hertfordshire und keine weiteren Eskapaden, ich warne dich!"

In ihrem Zimmer angekommen, knallte Lizzie die Tür hinter sich zu und machte ihrer Wut auf ihren Vater laut Luft: "WIE kann er nur! Das war MEIN Brief und er hat ihn einfach ins Feuer geworfen! Oh, Mann, Papa spinnt ja total! Oh, Fitzwilliam, was mache ich nur ohne dich!" Bei diesen Worten sank sie nachdenklich und deprimiert auf ihr Bett. Was hatte er ihr bloß geschrieben? Vielleicht war es was Wichtiges! Lizzie saß einige Minuten da, rieb sich nachdenklich die Schläfen und überlegte, was ihr Fitzwilliam geschrieben haben könnte und wie sie mit ihm in Kontakt bleiben konnte, wenn ihr Vater ihr dessen Briefe vorenthielt. Doch dann kam ihr eine Idee und sie setzte sich hin und schrieb einen Brief:

Mein geliebter Fitzwilliam,
ich antworte auf deinen Brief, obwohl ich ihn leider nicht lesen konnte.
Denn mein Vater hat ihn vor mir bekommen und verbrannt. Ich weiß,
wie traurig und wütend dich das machen wird, aber ich denke, ich muss
dir das trotzdem schreiben. Denn unter den gegebenen Umständen ist es
nicht ratsam, dass du deine Briefe direkt an mich schickst. Vielleicht kannst
du deine Briefe an die Bingleys schicken. Jane wird dann dafür sorgen, dass
deine Briefe bei mir ankommen.

Du fragst dich gewiss, wie das Gespräch mit meinem Vater gelaufen ist.
Wie ich oben schon erwähnt habe, hat er deinen Brief verbrannt und das zeigt
schon, dass er keineswegs bereit war, mit sich reden zu lassen. Er hat mich
beschuldigt durch meine Reise nach Derbyshire meinen guten Ruf gefährdet zu
haben und mich mit Lydia gleichgesetzt. Du kannst dir gewiss vorstellen, wie
sehr mich allein dieser Vergleich verletzt hat. Er scheint jegliches Vertrauen in
mich verloren zu haben, sofern er mir jemals vertraut habe, was ich mittlerweile
bezweifle.

Auch meine Tante und mein Onkel sind mir böse und behandeln mich kühl und
abweisend. Das macht mich traurig, denn ich hatte gehofft, dass wenigstens die
Gardiners mich verstehen und unterstützen würden. Aber dass ich sie angelogen habe,
hat sie sehr gekränkt. Das verstehe ich natürlich und ich wünschte, ich hätte sie und
meinen Vater nicht angelogen, doch welche andere Möglichkeit hätte es gegeben zu
dir nach Derbyshire zu kommen?

Die Reaktion meines Vaters hat mir klar gemacht, dass ich Recht hatte und er mir nie
erlaubt hätte, dich auf Pemberley zu besuchen. Was er über dich gesagt, war richtig
heftig. Ich will seine Worte nicht wiederholen, weil ich dir keinen Kummer bereiten möchte,
aber es war schrecklich. Jedenfalls hat er deutlich gemacht, dass er dich nicht als
Schwiegersohn in unserer Familie begrüßen wird. Was machen wir bloß?
So gekränkt und entrüstet, wie er heute war, wird er niemals zulassen, dass ich dich heirate.
Oh, Fitzwilliam, was wird bloß aus uns?

Ich wünschte, du wärst hier, um das gemeinsam mit mir durchzustehen, aber deine
Gegenwart würde meinen Vater nur noch mehr reizen.
Morgen fahre ich zurück nach Hertfordshire und ich hoffe, dass du, sobald es deinem Bein
besser geht, auch dorthin kommen kannst, obwohl ich nicht weiß, wie wir uns treffen sollen.
Denn ich könnte meinem Vater nach seinem Verhalten heute durchaus zutrauen, dass er
mich auf meinem Zimmer einschließt und jeden meiner Schritte bewacht. Aber allein das
Wissen, dich in meiner Nähe zu haben, würde mir schon Mut machen.

Ich hoffe, dass Jane heute noch einmal hier vorbeikommt, damit ich ihr diesen Brief geben
kann, denn wie soll ich ihn dir sonst zukommen lassen. Außerdem brauche ich einen
Menschen um mich, der mir nicht nur Vorwürfe macht. Jane wird mich verstehen, auch
wenn sie es von Anfang an für falsch hielt, meinen Vater und die Gardiners anzulügen.
Aber sie sieht im Gegensatz zu den anderen ein, wie sehr ich selbst darunter gelitten habe
und dass ich dich einfach wiedersehen musste.

Ach Fitzwilliam, was soll ich dir sonst noch berichten? Ich vermisse dich und
wünschte, ich wäre bei dir geblieben, obwohl das wohl die ganze Situation nur
verkompliziert hätte. Immer wenn ich die Augen schließe, stelle ich mir dein Gesicht
vor, und wenn ich mich dann noch in deinen Umhang einkuschel’, ist es fast so, als wärst
du da. Ich wüsste nicht wie ich die Wut meines Vaters und die Gekränktheit der Gardiners
ertragen könnte, wenn ich nicht wüsste, dass du mich liebst und zu mir stehst. Ich kann mir
nicht vorstellen, was ich ohne dich machen würde, Fitzwilliam Darcy.

Ich liebe und vermisse dich,
Deine Elisabeth Bennet

PS: Ich habe mich gefreut die Bekanntschaft mit deiner Schwester auf Pemberley
zu vertiefen. Sie ist echt eine intelligente und liebeswerte junge Frau. Bitte, bestell ihr liebe
Grüße. Wenn ich wieder in Hertfordshire bin, schreibe ich ihr. Aber ich bin jetzt zu müde
und zu erschöpft, um noch einen Brief zu schreiben. Außerdem möchte ich deine Schwester
nicht unnötig beunruhigen. Sie sollte so wenig wie möglich von der Ablehnung meines
Vaters dir gegenüber erfahren. Ich denke darin wirst du mir gewiss zustimmen.
Ich liebe dich, deine Lizzie.

...Fortsetzung folgt

© 2005 Becky

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