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Elizabeth-Gaskell-Verfilmungen N&S und W&D Klasse!

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Kerstin
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Geschrieben Freitag, Juli 15, 2005 @ 20:45:20     ICQ

Ich würde vielleicht bei den Smilies auf Cosgan zurückgreifen, Mainzelahr scheint Providerprobleme zu haben.

Bei Cosgan braucht man auch nur unten die Adresse zu kopieren und hier einzufügen!

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Johanna
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Geschrieben Freitag, Juli 15, 2005 @ 20:55:18  

So, dann mal los:

"North and South is one of the most intricately structured novels of the Victorian Age"

Das wäre der erste Streich. Vielleicht möchte Katha da mal in die Bresche springen?

Gemeint is, dass Fragen (u.a.) nach Industrieller Unruhe, Klasse und Geschlecht sehr komplex untersucht werden.

Nun hat Schlumeline ja schon mal konstatiert, dass Gaskell die Charaktäre grob nach stark und schwach eingeteilt hat.

Soweit so gut. Dazu wäre noch zu sagen, dass laut Intro bei Gaskell feminine Emotionalität der maskulinen Entschiedenheit gegenüber gestellt wird, und zu der Zeit der anthropologische Gedanke vorherrschte, dass sich Frauen, Kinder, Südländer und sog. primitive Rassen auf einem niedrigeren evolutionären Level befinden, als der gemeine anglosächsische, weiße MANN.

So ist Mr. Hale in seiner Ängstlichkeit und Unfähigkeit seiner Frau ähnlich z. Bsp., wenn er sich nicht traut ebendieser von seinem Vorhaben Milton zu verlassen zu berichten, oder sich nicht in der Lagefühlt, Bouchers Frau nach dessen Suizid gegenüber zu treten.

Äusserlich wird er als Mann mit weichen Gesichtszügen, die jegliche emotionale regung verraten beschrieben. Seine Augen werden mit denen von Margaret ob ihres weichen Ausdrucks verglichen (und es wird ausdrücklich gesagt, dass er ihr gleicht, obwohl er ja "zuerst da war". Hierzu ausserdem:

Quote:
"eyes of peculiar languid beauty, almost feminine"

Vergleiche dazu Thorntons "firm lines, as if carved in marble" (und Marmor sagt alles...) aber "earnest, penetrating eyes".

Ausserdem beginnt Hale bei Freds Rückkehr "to cry and wail like a child".

Also wird Mr. Hale, wie oben irgendwo erwähnt absichtlich nicht die Aura einer Respektsperson gegeben, die man sich bei einem viktorianischen Patriarchen als unabdingbar vorstellt.

Seine Auflehnung gegen die Kirche ist also auch nicht überzeugend, zumal er nur seiner "Duty of Conscience" gerecht wird, sich aber um die "Duty to one's Family" nich wirklich schert, was ihm seine Frau in Teil 3 ja auch hinreichend dankt. Mrs. Gaskell schreibt dazu in einem Brief: "Mr. Hale is not a sceptic, he doubts."
Es ist nicht "the very worst" passiert, er hat seinen Glauben nicht verloren, "no very great matter has happened to make him uproot them all, dragging them up to this God-forsaken place". Er hatte (im Film, im Buch bin ich noch nicht so weit, aber Schlumeline hat ja schon gesagt, dass es da nicht genau drinsteht) einfach bedenken, noch mal (auf die anglikanische "heilige Schrift"???) zu schwören und hat alles inkl. dem Einkommen übern Haufen geschmissen. Trotzdem glaubt er noch, wie er uns mehr als einmal in recht kindlichen Worten wissen läßt (z.Bsp. wenn er Higgins über seinen Verlust damit hinweg zu trösten versucht, dass Bessy jetzt an einem "besseren Ort" ist...)

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Johanna
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Geschrieben Freitag, Juli 15, 2005 @ 21:38:05  


...weiter im Kontext:

Fred, der Meuterer ist in dieser Hinsicht ganz der Papa - in dunklerer Schattierung.
Denn äusserlich sind seine "delicate features only redeemed from effeminacy (=Weiblichkeit, weibisches Aussehen) by the swarthiness (Dunkelhäutigkeit) of his complexion"(in dieser Hinsicht gut gecastet, denn die weiblicher Zuschauer Gemeinschaft bei mir war sich einig "Hübscher Bengel". Und das ist ja auch nicht das einzige, was an ihm 'Spanisch' vorkommt, denn was sagt das Klischee über Latinas und -os? Richtig. Passionata (nebenbei --> = Emotion = weiblich laut obiger Gegenüberstellung). Dixon erwähnt das im Film zu Maggie: "When you're fired up, you remind me of master Frederick, and that is a welcome sight", und weiter im Intro steht:

Quote:
...his face gives 'such an idea of latenr passion' that Margaret is almost afraid. Freds capacity ofor passionate outbursts is in cast of racial terms, as 'the instantaneous ferocity of expression that comes over the countenances of all natives of wild or southern countries - a ferocity which enhances the charm of the childlike softness into which such a look may melt away.'

Soweit so gut auch im Film. Aber. Hört ihr die Nachtigall trapsen?

Und dann verlebt Fred den Rest seiner Tage in Spanien, und nimmt deren Kultur an (Wie kann er bloß?!) und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen konvertiert er (laut Buch) dann ja auch noch zum Katholizismus (könnt man jetzt denken, dass macht er um Dolores zu heiraten, aber ihr Vater is wohl auch nicht Katholisch...)

Dazu müßte man sagen, das der römisch katholische Glaube unter den Briten damals an unmännliche Religion galt, denn durch sein Augenmerk auf die ganzen Weihrauchrituale und die Beichte wurde er mit der typisch weiblichen (mhh) Emotionalität und dem Mangel an Kontrolle verbunden. Da ham wirs also wieder mit drei Zaunpfählen.

Daraus kann man nun schließen (weiß nicht, ob auch im Buch noch mal hervorgehoben wird), das Freds Auflehnung gegen die Admiralitäten auch eher einem emotionalen Impuls (Mitleid?) als ernsthafter und kontrollierter Entscheidung entsprungen ist.

Zum Schluß noch mal direct im O-Text:

Quote:
a further negative association stems from his [Freds] 'Beresford blood'. Dixon (who will not even visit Spain incase she should get converted), speaks proudly of the 'good old Beresford Blood' which rises in Frederick, and also Margaret, whenever they are in passion. Such aristoratic ancestry, however, is associated with the worst forms of tyrannical abuse of power: Dixon proudly recounts how old Sir John shot his steward merely for telling him that he 'racked the tenants'. Aristocratic degeneracy and lack of control are linked, through Frederick, to feminine, childlike and primitive behaviour, thus clearing the way for that archtype of controlled (??????Naja, laut Buch halt) middle-class masculinity: Mr Thornton.

So. Den Rest (Boucher, Maggie, Higgins) später, bevor ich den Rahmen sprenge, und noch mal dazu gesagt, dass das nicht meine Interpretation ist, obwohl ich mit einigem konform gehe. Aber interessant isses schon mal. Allein die anthropologische Hirarchie... !!!

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schlumeline
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Geschrieben Freitag, Juli 15, 2005 @ 22:32:37  

Danke, Johanna, für die freiwilligen, zusätzlichen Hausaufgaben.
Das wird hier noch ganz literaturwissenschaftlich

Habe eine ganz interessante Rezension gefunden, die zur Erstausstrahlung von N&S bei BBC1 letzten November erschienen ist:

Sunday Herald vom 14. November 2004

Interessant im Zusammenhang mit Mr. Hale und seiner Entscheidung, die anglikanische Kirche zu verlassen und nach Milton zu gehen, ist folgende Bemerkung in ebendieser Rezension:

Quote:
...as a result of his religious doubts, just as much as Gaskell’s 19th- century audience would have done.

Also haben die zeitgenössischen Leser Mr. Hales Entscheidung durchaus nachvollziehen können, im Gegensatz zu uns heute:

Quote:
Welch [die Scriptwriterin] also tinkered with Gaskell’s portrayal of Margaret’s father’s religious doubts. “Modern audiences don’t understand why religious schisms happened; it’s very difficult to find an adequate reasons why the Hales had to leave Helstone.”

Außerdem werden noch autobiographische Züge des Romans erwähnt:

Quote:
Elizabeth Gaskell was born Elizabeth Stevenson in 1810, the daughter of a Unitarian minister who forsook the pulpit when he could not reconcile his faith with the acceptance of fees for preaching (an act recalled in North And South).

Quote:
When she was 13 months old, her mother died and she was passed into the care of an aunt (another autobiographical source mined for North And South), whom she loved dearly, and this relationship gave rise to her very modern view that “maternal love is not the natural attribute of every mother”.

Zur Zeit der Erstveröffentlichung des Romans soll dieser nicht sonderlich erfolgreich gewesen sein.
Erstens publizierte Elizabeth Gaskell unter ihrem richtigen Namen, zu einer Zeit, wo andere weibliche Autoren es vorzogen, männliche Synonyme zu benutzen (siehe die Brontes und George Sand). Und zweitens ist N&S ja vorrangig an das weibliche Publikum gerichtet, das allerdings damals nicht sonderlich an politischen und sozialen Themen interessiert gewesen sein soll:

Quote:
Yet the novel was not regarded as a success in its own time. Reviewers carped that women did not venture into the political arena; their literary concerns, if they really had had to have some, were “domestic and pastoral” only. Even Gaskell’s friend, Charlotte Brontë, had her doubts about the novel’s subject matter, and Dickens himself complained to a friend that he found it “too wordy” and “wearisome in the last degree”.

Threadmarkierung

Quote:
For Sandy Welch, scriptwriter of the BBC production, the appeal of North And South lies in what she calls a very good love story in an unusual setting.

Ganz meiner Meinung!

Gruß
schlumeline

Kerstin
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Geschrieben Freitag, Juli 15, 2005 @ 22:32:49     ICQ

Sagt mal, rede ich chinesisch? Auf der Mainzelahr Seite steht groß was von Traffikproblemen.
Und so werden wohl die Smilies von dieser Seite einfach nicht angezeigt. Ihr könnte jetzt gerne weiterhin immer kleine Schildchen mit dem Wort "Bild" einfügen und hoffen, dass irgendwann die Seite wieder geht und eure Smilies angezeigt werden ( günstigerweise seid ihr dann aber schon 3 Seiten weiter..) oder aber man sucht sich eine Alternative.
Aber wenn ihr nun unbedingt wollt... ist ja nicht mein Problem!
Grüße,
Kerstin

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Kerstin
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Geschrieben Freitag, Juli 15, 2005 @ 22:47:32     ICQ

Naja, vielleicht ist das ja ein Hinweis, den alle sehen...

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Johanna
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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 00:06:10  

Du liebe Güte... (überlegter Weise ist an dieser Stelle kein verräterisches Emoticon zu finden...)

Ich hab gemerkt dass die Dinger nich funzen, hab auf Deiner Seite geguckt (die steht statt der anderen jetzt auch schon bei meinen Favoriten), wollte die jeweiligen Emos neu einfügen als ich gesehen habe, dass die jetzt funzen. Und da hab ichs halt gelassen. Dass es mittlerweise wieder anders aussieht kann ja keiner ahnen...

Dabei ist das draußen gar nicht mehr so heiß...

@Schlumeline: Ja in dem Buch stehen auch noch andere mögliche Bezüge von bekannten Kirchenmenschen, aber ich wollts nicht zu weit in die Länge ziehen. Ausserdem kann ich auch heute noch nachvollziehen, wenn ein Mensch nicht mehr auf die Bibel schwören möchte, weil ihm da irgendwas nicht ganz grün ist, aber das war ja auch nicht direkt mein Vorwurf an Mr Hale.

Also bis morgen!

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Ria
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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 10:02:15  

Sodele ihr Lieben,

vor etwa einer Woche konnte ich endlich N&S sehen, natürlich wollte ich meine Eindrücke gleich mit euch teilen, leider habe ich fünf Tage gebraucht, um eure wirklich schon UNHEIMLICHE Diskussion nachzuverfolgen. Und jetzt bleibt mir nicht mehr viel zu sagen übrig. Außer vielleicht das:

Mein Kommentar: Ich mag die Verfilmung, an P&P kommt sie aber lange nicht heran. Obwohl mir R. Armitage sehr sympathisch ist, finde ich seine Darstellung zu eintönig, Thorntons Zerrissenheit ist mir zu undeutlich, sogar beim ersten Gucken kam das Kribbeln bei mir `erst´ bei „Look back at me.“ Und beim mehrfachen Gucken ist da fast gar nichts mehr, was kribbelt. In mehreren Situationen finde ich Armitages Darstellung einfach nur verwirrend, besonders die Antragsszene (Thorntons Antrag) finde ich schwierig nachzuvollziehen. Andererseits mag ich es, dass Thorntons Rolle als Held nicht schon vom ersten Augenblick an eindeutig ist, ein Punkt, den ich bei P&P 95 nicht so mag.
Ich finde auch nicht, dass die beiden Protagonisten hier äußerlich zusammenpassen. Daniela Denby-Ashes Gesicht sieht neben dem schlanken und leider nicht allzu großen Armitage fast schon dicklich aus – das hätte ich anders gecastet.
Mir ist auch der politische Inhalt des Konfliktes nicht ausreichend genug dargestellt. (Ja ja, die Argumente werden genannt, aber mir ist das noch zu wenig und zu oberflächlich.) Jeder Zuschauer muss sich doch fragen „Wie ist das alles passiert? Warum reden die nicht einfach miteinander?“, so wie es die Familie Hale befürwortet. Wenn dem Zuschauer und Mr Hale die gegenseitigen Argumente so leicht dargelegt werden können, wieso verstehen sich dann nicht die Parteien?
Was die Prügel-Szene angeht – die finde ich auch schlecht und akzeptiere sie einfach als einen großen Fehler der Drehbuchautorin und des Regisseurs, die sich einfach nicht bewusst wurden, wie deplaziert so ein Verhalten ist.
Die Nebenrollen finde ich alle gut besetzt, besonders Ms Thornton und Bessie.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto unklarer finde ich die emotionalen Entwicklungen. Was findet Margaret an Thornton? (Die rührenden Szenen a la “No one loves me” sieht sie ja nicht.) Am Anfang mag sie ihn doch wirklich nicht - oder wie seht ihr das? Was ändert ihre Meinung über ihn? Nur die Hilfe bei der Polizeiaussage kann es doch nicht sein? Bei P&P ist mir das alles viel klarer...

Vielleicht schafft ihr eingefleischten Fans es ja noch, mich zu überzeugen, ich bin auf jeden Fall bereit, mir die Verfilmung noch sehr oft anzusehen und nach den Antworten zu suchen. Denn das kann ich zumindest sagen: egal wie oft man sie sieht, sie fängt nicht an zu nerven.

@ schlumeline, wenn du mich jetzt wegen dieser kritischen Betrachtungsweise teeren und federn willst, tu´ es ruhig, dass hätte ich auch mit jedem gemacht, der so über P&P geschrieben hätte...

Bis bald, Ria

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"Shelves in the closet - happy thought indeed!"

MierschB
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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 13:32:30  

Hallo Ihr Nachteulen,

ich bin heute mal früh wach geworden und hab mir den Rest von W&D angesehen, nachdem ich gestern Abend den ersten Teil genossen habe... (Jo zu beruhigen: Ja, ich hab dabei meine Kekse, meine Wurststullen und ein männermäßiges Glas Weinbrand zu mir genommen...) Was mich denn auch befeuert haben mag, die UT abzuschalten... Was wiederum mein Auge für die Bilder geschärft haben mag...

Meine Gefühle gegenüber Mr. Preston, Mrs. Gibson und Cynthia haben sich wieder verändert: Nach dem, beim ersten Sehen, Mr. Preston mich sehr verwirrt hat, beim zweiten sein tigerishes Verhalten mich eher abstieß, komme ich jetzt dazu, ihn auch zu verstehen - zu bedauern – und zu glauben, dass er mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, um Cynthias Liebe, die eine Art fixe Idee für ihn geworden ist, kämpft... Dazu gleich eine Beobachtung, die ich spannend finde, aber zuerst zu Cynthia... Cynthia, die von ihrer Mutter mit 4 Jahren verstoßene, allein gelassene, ohne Grundvertrauen in die Welt gesetzte – die zwar gelernt hat, sich auf ihre Wirkung zu verlassen, nicht aber auf andere... Ich dachte zuerst, sie sei eine typische Kokotte, kalt und herzlos... aber sie ist gleichzeitig auch eine arme Seele, die nach Gewissheit schreit... (sorry, die Nachwirkungen des Alkohols, ohne Zweifel ) – aber zur Sache, wenn’s auch schwer fällt... Mir kam da unter der Wirkung belebender Getränke für die beiden eine Analogie in den Kopf: Heathcliff und Catherine... Und liegt das nicht auf der Hand? Das kindliche wilde Versprechen der beiden? Die tändelnde, um Beachtung und Anlehnung bettelnde Cynthia? Die Besessenheit Prestons? Das heimliche Rumschleichen der beiden an „unüblichen Plätzen“? Cynthias Fixierung auf den faszinierenden Preston, ihre „Messmerisierung“?

Ich glaube nicht, wie andere es tun, dass die Brontes Trivialliteratur schrieben: Die drei Schwestern schlugen eine solch tiefe Kerbe in den Baum der Weltkultur, dass sie nicht übersehen werden können... Weder „Jane Eyre“ noch „Sturmhöhe“ noch „Die Herrin von Wildfell Hall“... Wer auch immer nach ihnen kam und in ihren Fußstapfen wandelt, muss sich an den "taubengrauen Schwestern" messen lassen... Und die drei sind nicht leicht zu übertreffen... (Abschweifung beendet )

Apropos Kerbe: Ich glaube, ich kann die Kerbe in der Buche deuten, unter der Molly auf Preston wartet. „M B” – Mary Browning(?) … Könnte die Mutter Mollys eine der Browning-Schwestern gewesen sein? - Das würde auch erklären, warum Mr. Gibson seine Aufwartung bei Sally und Phoebe macht, um seine erneute Vermählung etwas umständlich – weil befangen – den beiden persönlich bekannt zu machen, und warum er seine Tochter bei den Schwestern zur Aufbewahrung abliefert bevor er in die Flitterwochen aufbricht (einschließlich der kleine Meckerei Sallys aus diesem Anlass, wegen der „Zurücksetzung“ in der Vergangenheit)...

Was ich nicht verstanden habe: Miss Phoebe rennt zu ihrer Schwester, um ihr den neuensten Klatsch über Molly und Mr. Preston zu berichten: „Molly has lost her Character!“ – Da heißt es: „since he was a gardener and she was a maidservant“ – und ich hab das auf Mr. Preston und Molly bezogen, die dem Klatsch nach schon als Gärtner und Dienstmädchen ein Paar gewesen sein sollen(?). Was Mr. Preston früher mal war, weiß ich nicht... Da er nun mit Landschaftsgestaltung zu tun hat, könnte er ja als junger Mann mal ein Gärtner gewesen sein, aber Molly war doch nie ein Dienstmädchen?

Bruki

PS: Ha, Jo, ich hab auch mal einen Fehler gefunden: Im 3(?). Teil, wenn Osborn sich von Molly verabschiedet (er ihr wegen seines befürchteten Todes die Adresse seiner Frau gibt), taucht plötzlich Miss Phoebe in der Tür auf, dann gibt es einen Schnitt auf Osborns Gesicht, er sagt „Goodbye“ – im Hintergrund ist Miss Phoebe in dieser Einstellung unsichtbar, man sieht das Bild an der Wand und den Kerzenhalter, den sie eigentlich verdecken müsste – also sie ist nicht mehr da... und gleich in der nächsten Einstellung steht sie wieder in der Tür... - Ha, einmal nicht aufgepasst und schon Schnittfehler!!!! Jo, bewirb Dich bei der BBC!!!!!! Und wenn Du da gut in der Wolle sitzt, holst Du mich nach, ja? Bütttteeeee....

Evtl. gibt es ein bisschen später noch einen Fehler (aber nur einen kleinen – und darüber kann man auch streiten, ob es einer ist): Als Squire Hamley und Molly die Papiere des toten Osborn durchsehen, faltet er die Geburtsurkunde seines Enkels zusammen, Schnitt auf Molly, und gleich in der nächsten Einstellung hält er sie wieder ungefaltet in den Händen... Könnte aber auch sein, dass er damit nur herumspielt, sie faltet, wieder glättet usw. ... wie gesagt, das ist nicht so klar zu entscheiden...

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"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 13:44:02  

Tolles Posting, Johanna,

nun, ich muss passen, bevor ich das Buch gelesen habe, was heißt: bevor ich eine deutsche Übersetzung davon auftreiben kann, bin ich hin...

Ich hab nur einen Hinweis loszuwerden: Ich finde Mr. Hale nicht so weibisch, wenn er seinem Gewissen folgt... Die meisten Menschen tun das nicht, lieber lassen sie sich von ihren Vorgesetzten schurigeln und biegen ihren Rücken krumm... Ob er klug gehandelt hat, darüber kann man streiten... Aber - wie gesagt - es ist eine Gewissenfrage, und jeder muss das mit sich selbst ausmachen... - Nicht umsonst wird im Bundestag der "Fraktionszwang" aufgehoben, wenn solche Fragen zu entscheiden sind...

Übrigens: In der englischen Geschichte und Literatur sind solche "Gewissensfragen" eine stehende Größe. Ich hab das weiter oben schon mal gepostet (Goldsmith' "Landpfarrer", Charlotte Bronte, Rossetti)... Und ich möchte hinzufügen Thomas Morus, der sogar seinen Kopf darüber verlor, als er seinem Gewissen folgend, sich mit seinem König überwarf...

Bruki

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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 16:26:35  

Hallo Ria,

danke, dass Du Deine Meinung gepostet hast. Auch wenn ich hier wohl schon geschrieben habe, dass jedem mit gegenteiliger Meinung der Kopf abgerissen wird, brauchst Du nicht zu fürchten, geteert und federt zu werden.

Im Gegenteil, ich bin froh, mal eine kontroverse Meinung zu hören, damit hier die Diskussion mal wirklich in Gang kommt. Bisher haben wir uns ja hier mehr oder weniger nur gegenseitig bestätigt, was wir toll und auch nicht so gut finden.

Quote:
Was die Prügel-Szene angeht – die finde ich auch schlecht und akzeptiere sie einfach als einen großen Fehler der Drehbuchautorin und des Regisseurs, die sich einfach nicht bewusst wurden, wie deplaziert so ein Verhalten ist.

I agree.

Quote:
Obwohl mir R. Armitage sehr sympathisch ist, finde ich seine Darstellung zu eintönig, Thorntons Zerrissenheit ist mir zu undeutlich, … In mehreren Situationen finde ich Armitages Darstellung einfach nur verwirrend, besonders die Antragsszene (Thorntons Antrag) finde ich schwierig nachzuvollziehen.

Ich bin noch dabei, den zugehörigen Roman zu lesen, komme aber immer mehr zu der Erkenntnis, dass mir Armitages Thornton besser gefällt, als der Held im Buch. Thornton wird im Roman als ein nach außen verschlossener und hartnäckiger Mensch beschrieben. Da man ständig auch seine Gedanken miterlebt, kommt er mir streckenweise sehr sentimental vor und das äußerlich verschlossene tritt in den Hintergrund.
In der Verfilmung werden seine Gefühle, Stimmungen, Gedanken mittels keiner Details wie Gesichtsausdruck, Augenbewegungen, Handbewegungen oder auch durch seine Gespräche mit seiner Mutter usw. ausgedrückt. Man muß als Zuschauer sehr aufmerksam sein, um diese kleinen Gesten wahrzunehmen. Aber gerade in deren Andeutung liegt der Reiz, finde ich. Der Film lebt von diesen Kleinigkeiten. Weniger ist mehr, heißt es doch so schön

Die Antrags-Szene verläuft genau so, wie sie laufen mußte. Sie spiegelt den gegenwärtigen Zustand ihrer Beziehung wider: Sie reden aneinander vorbei, Thornton, in seiner aufbrausenden Art, sagt Dinge, die er gleich darauf bereut ("They get what they deserve." Gefolgt von Stirnrunzeln.). Er fühlt genau den Standesunterschied und schmiert ihr den auch gleich auf's Brot: "I am well aware that in your eyes I am not a gentleman." Na, so kann das nichts werden. Darcy läßt schön grüßen
Also ich finde die Antragsszene gelungen.

Quote:
Ich finde auch nicht, dass die beiden Protagonisten hier äußerlich zusammenpassen. Daniela Denby-Ashes Gesicht sieht neben dem schlanken und leider nicht allzu großen Armitage fast schon dicklich aus – das hätte ich anders gecastet.

Ja, also hier bin ich nun völlig anderer Meinung. Gerade weil Daniela Denby-Ashe eben nicht wie Julia Roberts, Kate Moss, Heidi Klum oder wie sie alle heißen vom Modell Hungerhaken ist, wird die Liebesgeschichte authentisch, bodenständig und so wundervoll. Sie hat wunderschöne Augen, genauso sprechend wie im Roman beschrieben. Eine Freundin von mir hat übrigens diese Verfilmung schon allein aus dem Grund ins Herz geschlossen, weil Denby-Ashe etwas vollschlank zu sein scheint.

Und meiner Meinung nach ist die Chemie zwischen den beiden Protagonisten die eigentliche treibende Kraft im Film.
Ich finde, sie ergänzen sich gegenseitig wunderbar. Die Chemie kommt meiner Meinung nach gerade in dieser Szene zum Ausdruck, in der sie mal ausnahmsweise, wenn auch nur für Sekunden, an einem Strang zu ziehen scheinen:

Und dass Mr. Armitage mit mindestens 185 cm Körperhöhe (6 Fuß, 2 Zoll) zu klein sein soll, ist mir bis jetzt auch noch nicht in den Sinn gekommen. Bei der Dinnerparty-Szene kann man deutlich sehen, daß er die anderen Master um fast einen Kopf und sogar Mr. Bell um einige Zentimeter überragt. Ich weiß nicht, was Du mit "nicht allzu groß" meinst.

Break

schlumeline
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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 16:27:05  

Fortsetzung

Quote:
Je mehr ich darüber nachdenke, desto unklarer finde ich die emotionalen Entwicklungen. Was findet Margaret an Thornton? (Die rührenden Szenen a la “No one loves me” sieht sie ja nicht.) Am Anfang mag sie ihn doch wirklich nicht - oder wie seht ihr das? Was ändert ihre Meinung über ihn? Nur die Hilfe bei der Polizeiaussage kann es doch nicht sein? Bei P&P ist mir das alles viel klarer...

Quote:
Nur die Hilfe bei der Polizeiaussage kann es doch nicht sein? Bei P&P ist mir das alles viel klarer...

Beim Heiratsantrag war ja Lizzy sehr geschockt. Sie hat absolut nichts vorher geahnt, wie es um Mr. Darcy bestellt ist und sie hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine anderen Gefühle als Haß für ihn. Was ändert nun Lizzys Meinung über Darcy? Die Hilfe für Ihre Schwester. Der Brief von Darcy, der sie ihre Meinung über Wickham überdenken ließ. Und ihr Treffen in Pemberley, bei dem ja Darcy Lizzy recht zuvorkommend behandelt. Ja, das reicht also aus um Haß in Liebe umzuwandeln.

Meiner Meinung nach ist auch auf Margarets Seite im Film eine gewisse physische Attraktion auch vor dem Antrag bereits vorhanden (Margaret: „Better looking than a bull dog…“, Blicke beim Thorntonschen Dinner). Sie differenziert auch jetzt schon zwischen den Mastern (sinngemäß Margaret zu Higgins: Ist Mr. Thornton wirklich so schlecht wie alle anderen?).
Ihr fehlte zum Gesamtbild von Thornton allerdings noch die innere, menschliche Seite. Sie ist deshalb voller Vorurteile („thinking in terms like buying and selling“, auch wenn Thornton das gesagt hat) über ihn. Und natürlich spielte beim Antrag ihr Stolz/Standesdünkel auch noch eine große Rolle. Wegen der Anziehung, die sie bereits gespürt hat, ist ihr der Antrag dennoch nicht gleichgültig (Handschuh-Szene hinterher, verglichen mit Henry Lennox Antrag ganz zu Anfang, bei dem sie wesentlich souveräner reagiert hat).

Was ändert dann Margarets Meinung über Thornton? Die Hilfe bei der polizeilichen Untersuchung zeigt ihr, dass Thornton wohl doch nicht nur in „terms like buying and selling“ denkt, zumal er ja jetzt auch eine andere Meinung von ihr haben müsste („out in the dark with an unkown gentleman…“). Er stellt Higgins ein, wie auch immer es zu dieser Einstellung kam. Er kommt trotzdem noch bei den Hales vorbei und kümmert sich um sie (Obstkörbe, Gespräche mit Mr. Hale, die dieser ja umso dringender braucht, seit seine Frau gestorben ist). Sie hört über Higgins von Thorntons Kantine für die Arbeiter (was anfangs völlig undenkbar gewesen wäre).

Das für mich schöne ist aber, dass Thornton sich eben NICHT gleich um 180 Grad wendet. Ich meine, er gibt nicht (und kann es sicherlich auch nicht so plötzlich) sein verschlossenes Wesen auf und wird ein anderer Mensch. Er behandelt Margaret eben nicht sonderlich anders als vor dem Antrag, weil er ja erstens meinte, sie und ihre Gefühle verstanden zu haben (Steinwurfszene) und zweitens nun ihr gegenüber auch skeptisch ist wegen der Sache mit der Dunkelheit und dem Gentleman. Sie muß also wirklich sein inneres Wesen entdecken (seine Liebe kennt sie ja nun schon) und ihn dafür lieben und kann ihn am Ende nur im Paket mit all seinen Fehlern bekommen. Das ist meiner Meinung nach das realistische an der Figur Thornton.

Und im Gegensatz zu Lizzy, kann man Margaret am Ende, wenn Thornton nichts mehr besitzt und sie sich für ihn entscheidet, nicht den leisen Vorwurf machen, „the beautiful grounds of Pemberley“ gesehen zu haben.

Break

Johanna
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Geschrieben Samstag, Juli 16, 2005 @ 20:02:03  

Quote:
Das für mich schöne ist aber, dass Thornton sich eben NICHT gleich um 180 Grad wendet. Ich meine, er gibt nicht (und kann es sicherlich auch nicht so plötzlich) sein verschlossenes Wesen auf und wird ein anderer Mensch. Er behandelt Margaret eben nicht sonderlich anders als vor dem Antrag, weil er ja erstens meinte, sie und ihre Gefühle verstanden zu haben (Steinwurfszene) und zweitens nun ihr gegenüber auch skeptisch ist wegen der Sache mit der Dunkelheit und dem Gentleman. Sie muß also wirklich sein inneres Wesen entdecken (seine Liebe kennt sie ja nun schon) und ihn dafür lieben und kann ihn am Ende nur im Paket mit all seinen Fehlern bekommen. Das ist meiner Meinung nach das realistische an der Figur Thornton.

So werd ich das ab jetzt mit allen Diskussionen machen. Einfach die anderen reden lassen und sich die passenden Sachen rauspicken... Wenn ihr jetzt noch ein bisschen was zu Darcy erzählt ( gerne auch nachteiliges, wenn es denn sowas gibt ) dann bin ich mit meinem Vergleich zu frieden...

Quote:
nun, ich muss passen, bevor ich das Buch gelesen habe, was heißt: bevor ich eine deutsche Übersetzung davon auftreiben kann, bin ich hin...

Dass scheint mir doch sehr tragisch zu sein. Dass heitßt ja, dass Du nie zum mitdiskutieren kommen wirst?!?! Vielleicht sollten wir uns anmaßen und selbst übersetzen und dann bei ZDF und diversen Verlegern das Komplettpaket verhökern gehen?

Quote:
Eine Freundin von mir hat übrigens diese Verfilmung schon allein aus dem Grund ins Herz geschlossen, weil Denby-Ashe etwas vollschlank zu sein scheint.

Hat jemand die Frau als fett bezeichnet??? Was machen dann die Millionen wirklich vollschlanken Frauen? Selbstmord? Essbrechsucht????

Quote:
„Molly has lost her Character!“ – Da heißt es: „since he was a gardener and she was a maidservant“

Molly ein Dienstmädchen. Und Preston ein Gärtner. Wie niedlich Bruki! Glaubst Du ernsthaft, der wäre Verwalter der Towers geworden wenn er nicht ansatzweise aus einer halbwegs guten Familie gekommen wäre??? Ich denke eher, dass Miss Phoebe zu viele geschmacklose baröckelnde Schäferinnengeschichten gelesen hat! Der Gärtner ist nicht immer nur der Mörder, you know?

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schlumeline
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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 11:21:59  

Fortsetzung

Quote:
Mir ist auch der politische Inhalt des Konfliktes nicht ausreichend genug dargestellt. (Ja ja, die Argumente werden genannt, aber mir ist das noch zu wenig und zu oberflächlich.) Jeder Zuschauer muss sich doch fragen „Wie ist das alles passiert? Warum reden die nicht einfach miteinander?“, so wie es die Familie Hale befürwortet. Wenn dem Zuschauer und Mr Hale die gegenseitigen Argumente so leicht dargelegt werden können, wieso verstehen sich dann nicht die Parteien?

Ich finde, der Film will eben gerade nicht mit erhobenen Zeigefinger daherkommen und ein Lehrstück über den Master-Arbeiter-Konflikt sein.

Dieser Konflikt wird ausschließlich aus dem Blickwinkel der Familie Hale, also von Außenstehenden, dargestellt. Wie der Zuschauer/Leser erfährt Mr. Hale die Meinungen beider Seiten und steht, genauso wie seine Tochter. zwischen den Fronten. Die Arbeiter wollen nach 5 Jahren endlich wieder eine Lohnerhöhung durchsetzen, wissen von den „Ausreden“ der Bosse, wie in der Versammlung in Episode 1 zu hören ist und glauben (zurecht oder zu unrecht), hintergangen zu werden.

Habe gelesen (ob hier im Forum oder woanders, keine Ahnung), dass Elizabeth Gaskell die Mediation als einzig wahre Möglichkeit zur Konfliktlösung ansah. Deshalb nähern sich am Ende Thornton und Higgins auch an. (Nebenbei bemerkt, da müssen Marx die Nackenhaare zu Berge gestanden haben. )

Quote:
sogar beim ersten Gucken kam das Kribbeln bei mir `erst´ bei „Look back at me.“ Und beim mehrfachen Gucken ist da fast gar nichts mehr, was kribbelt.

Ja, schade, aber wohl nicht zu ändern…
Ich finde, dies ist eine wunderbar gefühlvolle, leise Verfilmung, die bei mir große Nachwirkungen hinterlassen hat, nicht nur weil die Handlung so real erscheint, sondern eben auch weil eine Liebesgeschichte zwischen "echten" Menschen, mit all ihren guten Seiten und Fehlern, erzählt wird.

Ich liebe beide Verfilmungen N&S04 und P&P95. Zurzeit steht bei mir N&S höher im Kurs, das heißt aber nicht, daß ich P&P95 und Austen überhaupt in Zukunft vernachlässigen werde.

Gruß
schlumeline

MierschB
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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 12:20:22  

Hallo Gaskellianer,

ich glaube, damals hatte man auch keine Lösung für den Konflikt zur Hand... Das war so was Neues mit dieser Industrie, da waren alle hilflos... Man probierte eben so das eine oder andere aus... Suppenküchen, Traktate, gutes Zureden und Gebete auf der einen Seite... Unions und Arbeitervereine auf der anderen...

Und die Ludditen maskierten sich und schlichen nachts in die Fabriken, um die Maschinen zu zerschlagen... Dass man die Arbeit verweigert, um Arbeitsverbesserungen durchzusetzen - auf so eine neumodische Idee musste man erstmal kommen... Während die Idee mit den Steinwürfen in der englischen Geschichte schon ziemlich verbreitet war, z.B. wurde Walpoles Haus während eines Aufstandes von den tobenden Mob bis auf die Grundmauern niedergerissen, es wurden Kirchen und Paläste gebrandschatzt. - Das war die damals übliche Form, sein Missfallen mit den herrschenden Verhältnissen auszudrücken... Die Briten feiern so einen Aufstand noch heute (Guy-Fawkes-Tag - da ging es darum, das Parlament abzufackeln)... In der Regel reagierten die Behörden auf solche Aufstände - wie gewöhnlich - mit dem Einsatz von Kavallerie, die den Mob zusammenschlug... der Rest wurde gehängt...

Und die Streiks waren dazumals auch noch nicht so ritualisiert wie heute, wo man von der Union mit Trillerpfeifen, Plakaten und Kaffee ausgerüstet wird, und vor den Werkstoren Streikposten aufziehen, um Leuten wie Boucher und Stephens das Handwerk zu erschweren... und wo die Polizisten beifällig dabei zusehen und den Verkehr außen rum regeln...

Bruki

PS: Kam eure Zeit durcheinander? Ihr postet alle in der Zukunft?? (Dieser hier wurde um 10:21 Uhr gesendet)

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Ria
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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 13:29:29  

Hallo schlumeline,

erst mal möchte ich ein Missverständnis klären: ich meinte nie Denby-Ashe sei dick. Sie ist schlank und schön, aber eben nicht so schlank und kantig im Gesicht wie Armitage. Einen solchen physischen Unterschied zwischen Held und Heldin finde ich ungewöhnlich.
Was seine Größe angeht muss ich beim nächsten Gucken genau auf die Szenen achten, auf die sich mein Eindruck gründete – oder war das nur subjektiver Wahrnehmung?

Armitages Darstellung:
hier scheint keine Einigung möglich ...
Vielleicht bin ich was subtile Hinweise über Gemütsbewegungen angeht auch nur von Firths Darcy so verwöhnt, dass mich jede weniger talentierte Darstellung nicht mehr überzeugt. (Auch wenn die Differenz nur winzig ist ;-) ).
Was die Antragsszene angeht finde ich, dass die so unheimlich aneinander vorbei reden, dass das Gespräch schon nicht mehr glaubwürdig ist. In solchen Situationen konnte Austen immer eine zweideutige Äußerung einbauen, die dann nur missinterpretiert wird. Ich kann mir aber eine andere Darstellung Thorntons vorstellen, die zumindest einige Äußerungen begründet erscheinen lassen. Wäre er zum Beispiel kühler und sachlicher gewesen, hätte ich die Missinterpretation `sie sagen das nur, weil sie meinen Ruf retten wollen´ viel glaubwürdiger gefunden. Und wieso er meint, Margaret würde andeuten, sie müsse viele Männer abweisen verstehe ich immer noch nicht...

Wandlung von Margarets Gefühlen:
Der Knackpunkt ist vielleicht, dass mir Margaret´s Sympathie für Thornton nicht klar genug dargestellt wird. Hinweise wie die Handschuhe (wurde da nicht auch der überzeugendste letzte Moment herausgeschnitten) oder der eifersüchtige Blick beim Abendessen sind zwar herzzerreißend, wirken auf mich aber wie ein inhaltlicher Bruch mit Margarets eigentlicher Antipathie, die doch so sorgfältig von Regisseur/ Drehbuchautorin aufgebaut werden wollte und meiner Meinung nach oft überzeugend rüberkommt.

Arbeiterkonflikt
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Nicht-Miteinander-Reden der Konfliktparteien im Buch stimmig ist, da aus der Perspektive der Hales geschrieben wurde (?), diese Stimmigkeit ging aber meiner Meinung nach ein wenig verloren, als die Geschichte verfilmt wurde und die eingeschränkte Perspektive größtenteils aufgegeben wurde. Wir werden allwissend und wissen trotzdem nicht alles?
Wie erscheinen eigentlich die Familienszenen der Thorntons im Buch? Aus welcher Perspektive?

Als kleines Trostpflaster nach all dieser Kritik kann ich dir aber wenigstens versichern, dass ich den BBC Bildschirmschoner von N&S benutze...

LG Ria

PS Wollt ihr nicht einen eigenen Thread für `Wives and Daughters´ eröffnen?

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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 15:27:32  

So, frisch gestärkt nach gediegenem Sonntagsmahl (mit der weitaus passendsten musikalischen Untermalung: Chatschaturjans "Säbeltanz" - von Oma verordnet, mein Magen ist immer noch mit doppelten Salti in alle Himmelsrichtungen beschäftigt...) werd ich mich jetzt mal an den 2. Teil des Intros machen.

Heute liebe Kinder beschäftigen wir uns mit: Dem Held der Arbeit...

Higgins wird von Gaskell als hochintelligenter Mensch beschrieben, der eifrig/scharfsinnig lernt (zu lernen gewillt ist!) und den Streik basierend auf entschlossen eingehaltenen Prinzipien führt (führen will --> Keine Gewalt!). Er ist eine offene, sensible und sehr gewissenhafte Figur, die 'uns' Respekt abverlangt.

Hierzu kleiner Einwurf von mir: Er wäre aber längst nicht so menschlich, wenn Gaskell nicht auch ihm Schwächen gegeben hätte, damit wir sie ihm verzeihen (er geht gerne mal einen Picheln, um sich abzuregen/zu betäuben --> Golden Dragon , und auch ihm gehen ab und an schlüssige Argumente aus, z.Bsp. wenn Maggie ihn ermahnt, dass er bezüglich Bouchers Ausgrenzung von Methoden gleich der 'Tyranny of the masters' spricht).

Higgins' primäre Motivation ist die Sorge um die hungernden Familien in seiner Umgebung (siehe hierzu im Film: Boucher wirft Higgins vor, dass er mit seinem Gehalt im Falle eines Streiks ja auch bestens auskommen dürfte, da er mehr verdient und weniger Mäuler zu stopfen hätte; Higgins selbst hätte also eine Lohnerhöhung und ergo einen Streik nicht nötig).
Wie auch in "Mary Barton" (dass übrigens des öfteren von der Introautorin als Vergleich herangezogen wird) wird die Arbeiterklasse als sich umeinander kümmernde und verantwortungsvolle Kommune gezeigt, die fast als Familie im weiteren Sinne operiert (Jetzt mal gesetzt den Fall, dass Gaskell bei ihren "Recherchen" in den Arbeitervierteln genau das aufgefallen -, es also nicht ihrem Literatenhirn entsprungen ist, bin ich geneigt zu sagen, die "dreckigen" Proleten hatten uns echt was voraus).
Diese Werte werden nun wieder mit den Idealen der Frau aus der Mittelklasse in Verbindung gebracht: Moralische Pflichterfüllung, häusliche Pflege/Erziehung/Ernährung.

Tja, und an dieser Stelle springt die Autorin (Sie heißt übrigens Sally Shuttleworth und weist mehrfach auf Bekannte von Gaskell mit dem selben Namen hin, ist also wohl eine Nachfahrin) von Charakter zu Charakter unter anderem thematischen Bezug, dass meine Faulheit versucht ist, das Handtuch zu werfen. Ich werd das jetzt mal auf Higgins runterkürzen, auch wenn ich euch interessante und grundsätzliche Infos und Denkansätze vorenthalte. Vielleicht überkommt mich ja später nochmal der Ehrgeiz, oder ihr fragts halt, wenn euch was nicht passt, oder ihr versuchts mit Google.

Das ich echt keine leichte Entscheidung, wenn ich so durch die voraussichtlichen Fehlstellen lese. Ich komme mir ein bisschen vor, wie der junge Mann aus "Love Actually", der erstmal ganz dringend nach Luft schnappen gehen muss, als Miss Knightley ungefragt seine Videosammlung durchstöbert...

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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 16:09:34  

...Fortsetzung:

Im allgemeinen (unter den Masters) wurden die Proletarier schmutzige (filthy!), kindisch agierende MASSE angesehen, die sich selbst nicht helfen kann, und will (und die in Film und Buch beschriebene Forderung nach mehr Lohn bei Einsatz der Belüftungsräder, weil mehr Nahrung die Lücke der nichteingeatmeten Flusen schließen müsse war da sicher kein Beitrag zur Annäherung...).

Quote:
'human beeings without a humanised feeling, grovelling in the filth and sensuality of the swine ( ), and exhibiting the ferocity of the savage.' - aus einem Artikel über 'The manufacturing Poor' von 1848

Zumindest der moralische 'filth' ist bei den Higgins nicht zu finden, obwohl sie von Gaskel physisch jetzt nicht so blitzsauber erstrahlend gestaltet wurden (der Film ist da ja auch recht deutlich), was ganz einfach in der Natur der Sache liegt. Hierzu noch ein Zitat bezüglich des oben erwähnten häüslichen Frauenideals:

Quote:
One of the commonest (und ich dachte, daß hieße im mehrsilbigen Falle dann "most common"...) arguments against female labour in factories was that it meant that women grew up to be 'slatterns' (Schlampen...), unable to keep a neat, orderly house for their menfolk, thus destroying the cradle of domestic virtue and forcing men out into the alehouses (sehr interessanter Standpunkt!... )

Auch wenn Bessys jüngere Schwester (laut Intro) diesem Rollenmodel entspricht, läßt sich der physische Schmutz in Higgins Fall jedoch nicht auf die moralische Ebene übertragen, vielmehr verkörpert er die "true values of maternity" (Also wieder vertauschte Geschlechter bzw -eigenschaften), wenn er sich fortan um das Auskommen der Boucherkinder kümmert.
(@Schlumeline: Und jetzt komme ich mir ein bisschen wie einzynisches A****loch vor, weil ich ja bekrittelt hab, daß die Beziehung Thornton-Higgins n bissl doll toll bzw. der ganze Higgins ein zu großer Strahlemann ist. Schlimm wenn man dem Autor aus so'ner Figur n Strick drehen will, oder??? Ich meine, was ist falsch mit solchen Vorbildern - oder mit uns, dass wir das als unstimmig empfinden? Ich hab glaub ich ein echt gespaltenes Verhältnis zu Helden)

So. Und zuguterletzt wieder ein Zitat (man merkt, wann ich zu faul zum Übersetzen werde...), dass Bruki vielleicht interessant oder auch diskussionswürdig finden wird:

Quote:
Whilst Mrs. Thornton and Mrs. Hale both prove inadequate mothers, lacking either tenderness (Mrs. Thornton) or strength (Mrs. Hale), Higgins, the working-class male, offers a perfect combination of these qualities. Nor is his masculinity affected by his maternal stance. Both Frederick and Mr. Hale were seen as somehow weakened by their feminine traits, their emotionality and lack of control, but Higgins's maternal traits only add to his dignity. In this respect his position mirrors that of Margaret, whose household role also crosses the gender divide.

Soviel für heute. Wie angedeutet nächstes Mal weiter mit Maggie. Dann Boucher und Bessy und der nationalistische Irenkram usw. Wem jetzt Higgins Einordung in die Rebellionen fehlt: Auf Wunsch nächstes mal, dass bedarf nämlich ein wenig mehr Überlegung...

?!?

PS: @ Ria: Angesichts der Länge des N&S Threads wäre ein Extra W&D Thread sicher nicht die schlechteste Idee, aber ich finde das hier immer so schön auflockernd zwischendurch. Ausserdem weiß ich nicht, ob wir zu dem Film annähernd so ausführlich werden würden... Andere Ansichten?
PS: @Bruki: Apropos W&D, Du hast irgendwo geschrieben "Den Rest gibts später...". Bitte. Wo bleibt der Rest???

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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 17:54:39  

Quote:
@Ria: ... ich meinte nie Denby-Ashe sei dick.

Oje, Ria, das musste ich schon sehr früh lernen: Nie, zu einer Frau sagen, sie „sieht fast schon dicklich aus“... Da kannste hinterher schwören solange Du willst, dass es nicht so gemeint war ... und Du nie was von „sie sei dick“ gesagt hättest... Frauen haben da kein bisschen Verständnis für die gravierenden Unterschiede zwischen diesen beiden Aussagen, wie wir beide es haben... No Chance... Never...

Quote:
@Johanna … and forcing men out into the alehouses (sehr interessanter Standpunkt!... )

Keine Frage, aber das ist eindeutig falsch: Die englischen Gesetze gegen das übermäßige Saufen wurden erst mit der Industrialisierung verschärft – und zwar nicht, weil mehr GESOFFEN wurde, sondern weil mehr GEARBEITET werden sollte, und den methodistischen Sklaventreibern der Kater vom abendlichen Herumsitzen im Pub dem pünktlichen Erscheinen am Arbeitsplatz am nächsten Morgen nicht dienlich schien...

Ich will noch mal ein Buch anpreisen: Tom Hodgkinson „Anleitung zum Müßiggang“ – insbesondere das Kapitel „Der Pub“ (10 Uhr abends) – in dem genau diese Frage so tiefschürfend, wie ich es vorher noch nie gelesen habe, dargelegt wird...

Das entsprechende Zitat folgt im nächsten Posting...

Aber vorher MUSS ich mich über Johannas „weibliche Seite“ lustig machen... Ich vermute, die zitierte Autorin hat den Schmacht über die weiblichen Seiten und den Schleimsch... *ups, sollte ich ja nicht mehr sagen* über die weibischen Charaktere in den 80ger Jahren verbrochen, als die Männer von solchen Frettchen dazu aufgefordert wurden, ihre „weibliche Seite“ „zu entdecken“... – Ja, schön und gut, haben wir Trottel – brav wie wir sind – ja auch versucht... Also sind wir zu Selbsterfahrungsseminaren gepilgert, haben uns schwanger gefühlt, und mit den Hüften kreisförmige Bewegungen ausgeführt... und weil es irgendwie nicht so recht geklappt hat, waren wir verwirrt und wussten nicht, was los ist... – Hm, wo wurde diese peinliche historische Episode adäquat filmlich vorgeführt? Da fällt mir im Moment nur „Der bewegte Mann“ mit Til Schweiger ein... Also, ihr Nachgeborenen, stellt euch Männer auf der Suche nach der weiblichen Seite wie die Selbsthilfegruppe vor in der Til Schweiger nach seinem Rauswurf bei Doro untergekommen ist...

Ansonsten: zu W&D... Ich vermute das mit N&S läuft sich eh bald tot oder muss ein eigenes Board bekommen... Deshalb bin ich mit Jo der Meinung es kann nur auflockernd wirken... und passt hier schon rein... Vielleicht kann ja Schlumeline den Titel des Threads etwas modifizieren (z.B. Gaskell-Verfilmungen) oder im ersten Posting auch W&D nennen?

Jo, was meinste mit „Rest“? Ich weiß es nämlich nicht mehr... Ich hoffe, dass ich immer mal so zwischendurch – wie z.B. am Sa, 16.7. – mal was einflechten kann aus meinen Reviews von W&D... Und außerdem hab ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass mein bestelltes W&D-Buch doch noch ankommt, auch wenn das diesbezügliche Gespräch mit meiner Buchhändlerin nicht zu Optimismus Anlass gab... - Wo sind nur die Zeiten von Mr. Frank Doel geblieben, als man sich noch anstrengte, den Bücherwurm mit Futter zu versorgen? In der „84 Charing Cross Road“ ist, glaub ich, keine Buchhandlung mehr?! Oder?

Bruki

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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 17:58:05  

In „The Making of the English Working Class“ legt E. P. Thompson dar, dass der Pub im achtzehnten Jahrhundert zum Zentrum politischer Zusammenkünfte und Versammlungen radikaler Elemente wurde, wie sie 1802 in der Zeitung Leeds Mercury geschildert wurden:

„[Sie] treffen sich nächtens in Tavernen und Gasthäusern. In fast jeder Straße eines großen Ortes gibt es einen kleinen Senat dieser Art, und das Privileg, bei einer Kanne Porter über die Angelegenheiten der Nation zu Rate zu sitzen, ist lange von freien Briten gefordert worden und längst von allen Regierungen anerkannt.“

Als die Industrielle Revolution die Arbeitsgewohnheiten der Menschen veränderte und die Leute praktisch zu versklaven versuchte, war der Pub der Ort, an dem sich die unzufriedenen Arbeiter trafen. Thompson berichtet, dass Untergrundgruppen gezwungen waren, von einem Pub zum anderen umzuziehen:

„Eine Diskussionsrunde entstand 1795 im Green Dragon (hic!) in Cripplegate und zog nacheinander zum Finsbury Square, in die Fetter Lane, ins Scouts Arms in Little Britain, von da in zwei Gasthäuser in Moorfield und schließlich, 1798, nach Horton, »jenseits der Befugnisse der städtischen Beamten«.“

Das Zechen, das Saloppe und Ungenierte, die großen Menschenansammlungen, die Gelegenheit zu radikalen Diskussionen – mit einem Wort, die launige Mischung aus Hedonismus und Rebellion war immer ein Quell der Sorge für unsere Regierenden, denen Ruhe und Nüchternheit lieber sind und die es gern sähen, wenn alle Leute zugedeckt im Bett lägen, am liebsten vor Mitternacht.

Thompson schreibt von »der natürlichen Neigung von Behörden, alle Kneipen, Jahrmärkte und großen Menschenansammlungen als Ärgernis zu betrachten – als Quelle des Nichtstuns, von Krawallen, Aufruhr oder Seuchen«. Er zitiert eine missbilligende Bemerkung über das einfache Volk, die 1757 von einem Mitglied der Oberschicht gemacht wurde; darin beklagt er »ihren offenen Spott auf alle Disziplin, sei sie religiös oder zivil, ihre Verachtung für jede Ordnung, häufige Bedrohung jedes Rechts und die extreme Bereitschaft zu tumultarischen Erhebungen aus den nichtigsten Anlässen.«

Freiheit und Spaß, schreibt Thompson, galten nicht als menschliche Tugenden bei den an die Macht gekommenen Methodisten, die sich »in einem bürgerkriegsartigen Zustand mit der Bierschenke und den Stammgästen der Bollwerke des Satans« befanden. Und am Ende des neunzehnten Jahrhunderts kam die Temperance Movement auf. Für heutige Augen erscheint diese Kampagne, die Arbeiter zur Nüchternheit anzuhalten, um damit »tumultarischen Erhebungen« vorzubeugen, komisch hoffnungslos. Aber zu ihrer Zeit übte die Temperance Movement starken Einfluss aus, auch wenn die meisten, die am Sonntag völlig verkatert das Gelöbnis unterschrieben, am Dienstag wieder rückfällig wurden. Diese Bewegung kann als weiterer Versuch betrachtet werden, die Faulheit auszumerzen, als weitere Waffe im Kampf darum, eine disziplinierte Arbeitnehmerschaft für die Fabriken zu schaffen; betrunken kann man nicht arbeiten, und ein Kater steht effizienter Arbeit ebenfalls im Weg.

In einen Pub zu gehen und Bier zu trinken, wurde zu einer Form des Protests gegen die neu aufkommende Arbeitsmoral ....

Die Kultur unabhängiger Pubs wurde nicht nur durch die Methodisten attackiert, sondern auch durch die Zentralisierungstendenzen der Industriellen Revolution. Im neunzehnten Jahrhundert wurde die »freie« Bierkneipe oftmals von einem der sich ausbreitenden Brauereimonopole geschluckt, die das Konzept der Brauereigaststätte schufen. Pubs machten dicht. Auch William Cobbett beklagt in Rural Rides (1830) den Mangel an Gasthäusern in den Cotswolds:

„Ich fragte zwei Männer, die in einer Scheune beim Dreschen waren, wie lange es her sei, dass ihre Bierschenke aufgegeben oder geschlossen wurde. Sie sagten, ungefähr sechzehn Jahre. Einer dieser Männer, der etwa fünfzig Jahre alt war, konnte sich an drei Bierschenken erinnern...“

Für Cobbett war die Massenschließung von Pubs ein deutliches Zeichen für das Elend und den Verfall, die die Industrialisierung verschuldete. ... Man bekommt wirklich das Gefühl, dass die Industrielle Revolution dem Leben alle Freude nahm.

aus Tom Hodgkinson "Anleitung zum Müßiggang"

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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 18:12:09  

Hallo Ria,

na dann man los

Quote:
Vielleicht bin ich was subtile Hinweise über Gemütsbewegungen angeht auch nur von Firths Darcy so verwöhnt, dass mich jede weniger talentierte Darstellung nicht mehr überzeugt. (Auch wenn die Differenz nur winzig ist ;-) ).

Mr. Firth hat mit seinem Darcy ohne Frage eine schauspielerische Glanzleistung hingelegt. Mr. Armitage mit seinem Thornton in jedem Fall auch. Nur sind eben halt die beiden literarischen Figuren nicht zu vergleichen.

Darcy kennt keine wirtschaftlichen Probleme, bestenfalls hat er welche mit sich und fremden Menschen. Da kann er sich darauf konzentrieren, wem er sich angenehm gibt (anfangs nur Familie Bingley) und wem er kühler begegnet, so wie er eben halt erzogen wurde (Merytoner Gesellschaft).

Thornton muß sich, wie Bruki hier in diesem Thread schon wunderbar und ausführlich dargelegt hat, jeden Tag aufs Neue durchbeißen, damit er nicht wieder ganz unten in der Gesellschaftshierarchie landet. Die Gesellschaft, sein täglicher Überlebenskampf haben ihn geformt und in zum verschlossenen, sturen Kämpfer gemacht. Da ist einfach kein Platz für’s Süßholzraspeln.
Und dieser Prämisse muß man in der Darstellung gerecht werden. Er ist verschlossen, zeigt fremden Menschen selten seine Gefühle. Seine Gefühlsäußerungen „beschränken“ sich auf Blicke, Bewegungen, tiefes Ein- und Ausatmen…. Einzig seiner Mutter gegenüber, zeigt er sein zweifelndes Inneres.

Aber gerade diese kleinen Dinge machen die Darstellung so subtil. Das macht Armitages Spiel so romantisch. Er zeigt nichts zuviel, zu offensichtlich. Man „sieht“ es regelrecht hinter seiner Stirn „arbeiten“. Auf diese Kleinigkeiten muß man achten. Wenn man sie entdeckt, taucht man ein in diesen Film.

Quote:
In solchen Situationen konnte Austen immer eine zweideutige Äußerung einbauen, die dann nur mißinterpretiert wird.

Also Austens Stil mit dem Elizabeth Gaskells zu vergleichen funktioniert nicht. Das sind zwei verschiedene Schuhe. Gaskell tickt völlig anders als Austen. Hier fehlt durchgehend der Austensche Witz. Es werden keine Figuren karikiert. Alles ist so wie aufgeschrieben auch gemeint. Gaskell wird eher noch sentimental bzw. pathetisch. Das einzige, was man hier zum Vergleich zwischen Austen und Gaskell heranziehen kann, sind Handlungsstränge und Personen.

Quote:
Wäre er zum Beispiel kühler und sachlicher gewesen, hätte ich die Missinterpretation `sie sagen das nur, weil sie meinen Ruf retten wollen´ viel glaubwürdiger gefunden.

Margarets Triebkraft bei der Ablehnung des Antrags ist, meiner Meinung nach, einzig ihr Stolz bzw. Standesdünkel. Sie will ihn absichtlich missverstehen. Sie ist selbst sehr aufgewühlt, wegen ihrer eigenen Gefühle, möchte diese aber auf keinen Fall zulassen, weil es einfach nicht sein kann. Sie kennt den Menschen Thornton doch überhaupt nicht. Außerdem ist er ja nur ein tradesman, sagt ihr Standesdünkel.

Quote:
Und wieso er meint, Margaret würde andeuten, sie müsse viele Männer abweisen verstehe ich immer noch nicht...

Weil sie vorher sagt, sie hätte noch nicht gelernt, wie man einem Mann antwortet, der auf diese Weise zu ihr spricht, wie es Mr. Thornton getan hat. Das klingt so, als ob sie in Zukunft vorhat, öfter einen Bewerber abzulehnen. Das und seine eigene Unsicherheit und gefühlte Unwürdigkeit ihr gegenüber (der Standesunterschied ist im sehr bewusst, außerdem möchte er sie haben, kann sich daher vorstellen, dass auch andere Männer interessiert sind), lässt ihn schließen, das sie noch andere Bewerber hat.

Break

schlumeline
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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 18:15:35  

Fortsetzung

zu Margarets Gefühlen:

Bessy Higgins erzählt Margaret, dass „loads of girls“ hinter Thornton her wären (nebenbei: Ms. Latimer steht vielleicht stellvertretend für diese Ladungen ). Ohne Frage ist er wegen seines Reichtums so attraktiv, doch sicherlich zu einem erheblichen Teil auch weil er „handsome“ ist. Und Margaret ist schlussendlich auch nur ein Mädel und entwickelt völlig irrationale Gefühl für ihn.
Tja, ich denke mal, das ist der gleiche Mechanismus, der auch Thornton schon ziemlich früh Margaret verfallen lässt.
Ganz allgemein ist das wohl der Mechanismus, der Menschen völlig irrational ineinander verlieben lässt, ohne den Menschen näher zu kennen
Im Buch ist das übrigens nicht so. Vor dem Antrag denkt Margaret nicht in diese Richtung. (Obwohl sie schon vorher feststellt, dass ihr Thorntons Lächeln gefällt. Das ist zwar rar, aber wenn es kommt, strahlt es über das ganze, sonst so ernste Gesicht.)
Gaskell verlässt sich hier, genauso wie Austen in P&P, auf die Wandlungsfähigkeit nach dem Antrag.

zum Arbeiterkonflikt:

Wo steht geschrieben, dass man als Zuschauer eines Films automatisch allwissend wird über die gesamte Situation?
Damals gab’s eben noch keine gewerkschaftlich organisierte Abordnung, die in Tarifverhandlungen mit den Bossen tritt. Wenn von Anfang an beide Parteien miteinander geredet hätten, so dass eine Seite die Probleme der anderen versteht, wären nie Streiks „erfunden“ worden. Wie Bruki anmerkte, war das damals für beide Seiten eine neue Situation, in der verschiedene Lösungswege einfach erstmal ausprobiert werden mussten.
Thornton sagt sinngemäß zu seiner Mutter: Das ist eine junge Industrie, mit deren Problemen wir erst fertig werden müssen.

Higgins sagt sinngemäß, dass sich die Bosse um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollen, und wir (die Arbeiter) kümmern uns um unsere.
Ähnliches meint Thornton zu Margaret, auf ihre Frage, ob er sich als Master nicht über die wöchentliche Lohnzahlung hinaus um seine Arbeiter kümmern sollte.
Und diese Situation sollte man als gegeben hinnehmen. Das ist der Ausgangspunkt für alle weiteren Handlungen.

Gruß
schlumeline

Johanna
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Geschrieben Sonntag, Juli 17, 2005 @ 19:04:28  

So ein Mist. Manchmal hasse ich meinen PC einfach nur. Sich mitten im übermitteln der Nachricht aufzuhängen. Und ich habs natürlich nicht kopiert. Dreck!

Also, wo war ich?

Quote:
Wo steht geschrieben, dass man als Zuschauer eines Films automatisch allwissend wird über die gesamte Situation?
Damals gab’s eben noch keine gewerkschaftlich organisierte Abordnung, die in Tarifverhandlungen mit den Bossen tritt. Wenn von Anfang an beide Parteien miteinander geredet hätten, so dass eine Seite die Probleme der anderen versteht, wären nie Streiks „erfunden“ worden. Wie Bruki anmerkte, war das damals für beide Seiten eine neue Situation, in der verschiedene Lösungswege einfach erstmal ausprobiert werden mussten.
Thornton sagt sinngemäß zu seiner Mutter: Das ist eine junge Industrie, mit deren Problemen wir erst fertig werden müssen.

Bin ich eigentlich die einzige, die der Meinung ist, dass es auch 150 Jahre später keine adäquate Lösung dagür gibt? Ich meine, dass wars, was mich beim ersten Gucken su gefesselt hat (naja, u.a.). Ich wollte verdammt nochmal endlcih wissen, was man da machen kann. Und das wars, was mich gestern beim Gucken den Kopf über mich selber schütteln ließ ("Ich war ja so schrecklich naiv..." ). Immerhin läuft ja das ganze Buch auf die Prämisse hinaus, dass es keine allseits befriedigende Lösung für das Problem gibt, nur den Vorschlag zur Annährung (in diesem Sinne auch die Verbindung Margaret-John als symbolische Lösung des Klassenkonflikts durch Heirat).

Apropos Symbolik. Da werden ja sowas von ausgelaugte Assoziationen wieder wach...

Quote:
Aber vorher MUSS ich mich über Johannas „weibliche Seite“ lustig machen

Wieso meine??? Muss ich erneut erwähnen, dass das alles nicht auf meinem Mist gewachsen ist?

@Schlumeline: Du hast die letzte "Threadmarkierung" nochmal mit der Testversion bearbeitet, oder? Das hab ich gemerkt. Mhhhmhhh.

Wird übrigens definitiv Zeit für einen Seitenumbruch, damit ich wieder Respekt vor Mr. Thornton kriege und nicht ständig über das komische Bild da stolpere...

Und das mit der Vorausdatierung is auch ein wenig irritierend (es ist jetzt 17.08 Uhr)

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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 10:49:17  

Quote:
Bin ich eigentlich die einzige, ...

Nein, ich bin der Zweite im Bunde... - Ich bin sogar der Meinung, dass es auch in 1000 Jahren (um mal einen für uns Deutsche bedeutsamen Zeitraum zu nennen) keine "Lösung" geben wird... Wir sind eben verpflichtet, uns immer wieder irgendwie durchzuwurschteln... Es lebe der Opportunismus... es leben die Träume...

Lass Dich nicht unterkriegen... und lege heute eine Gedenkminute für Janen Austen ein: Sie starb heute in den frühen Morgenstunden in den Armen ihrer Schwester Cassandra...

Bruki

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"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

schlumeline
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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 20:44:09  

Also, Bruki, ich habe jetzt den Thread, wie gewünscht, umbenannt, damit alle Gaskell-Verfilmungen diskutiert werden können. Gibt es überhaupt noch andere Verfilmungen als W&D und N&S?

@Johanna

Quote:
(@Schlumeline: Und jetzt komme ich mir ein bisschen wie einzynisches A****loch vor, weil ich ja bekrittelt hab, daß die Beziehung Thornton-Higgins n bissl doll toll bzw. der ganze Higgins ein zu großer Strahlemann ist. Schlimm wenn man dem Autor aus so'ner Figur n Strick drehen will, oder??? Ich meine, was ist falsch mit solchen Vorbildern - oder mit uns, dass wir das als unstimmig empfinden? Ich hab glaub ich ein echt gespaltenes Verhältnis zu Helden)

Ja, also ich hatte die Beziehung Thornton-Higgins hier ja auch schon als zu kitschig am Ende bezeichnet
Das liegt sicher daran, daß dies die mehr realistische Teilhandlung ist und man unwillkürlich mit eigenen Erfahrungen und den heutigen (innen-)politischen Nachrichten vergleicht.
Die Romanze würde man nicht sofort als kitschig bezeichnen, weil wir die ja wohl gleich ohne groß zu zögern ins Reich der schönen Märchen einordnen.

Da fällt mir eine Frage ein, die ich mir schon beim ersten Lesen von P&P gestellt habe und die jetzt wieder super zu N&S passt:
Gibt es überhaupt solch eine bedingungs- wie auch hoffnungslose, jedoch trotzdem über einen längeren Zeitraum beständige Liebe bei Männern? Gehört das "Vor-sich-hin-Leiden" nicht zur Frauendomäne? Ist eine solche Liebe nicht immer reine Fiktion?

Da fällt mir ein, daß doch Anne Elliot die gleichen Zweifel hatte, was ihr eine vehemente Intervention nebst neuerlichem Heiratsantrag von Captain Wendworth (?) einbrachte, wenn ich mich recht erinnere.

Wurde diese Frage hier vielleicht schon mal in irgendeinem Thread diskutiert? Kann ja durchaus sein, weil das Thema ja auch zu Jane Austen passt. Hatte Austen für ihre Liebesgeschichten Vorbilder, oder sind sie allesamt ihrer Phantasie entsprungen? Denn selbst war sie ja wohl (leider) nicht in dem Maße verliebt, daß sie aus eigener Erfahrung schreiben konnte(?)

Gruß
schlumeline

Ria
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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 22:00:46  

Meine liebe schlumeline,

wie ich mit einem ständigen Lächeln beobachten muss, schaffe ich es nicht, dich auch nur einen Millimeter von der Glorifizierung dieser Verfilmung wegzubewegen. Genauso wenig schaffst du es aber, mir die kleinen Unstimmigkeiten auszureden, die ich wahrnehme und über die ich immer noch nicht hinwegzusehen gewillt bin.
So bleibt uns also nichts, als in Uneinigkeit auseinander zu scheiden – oder anders ausgedrückt: Come on schlumeline, let´s part friends despite our differences - (die Briten haben doch einen Ausdruck dafür, wie hieß denn das noch?).
Ich werde mir bald mal das Buch kaufen, vielleicht verstehe ich dich dann besser... Bis dahin suche ich Gleichgesinnte auf den Seiten der BBC, die so tolerant waren, auch negative Kritiken ihrer Produktion zu veröffentlichen. ;-))

Kennt einer von euch Middlemarch (Buch o. Verfilmung)? Die gibt es recht günstig in den USA, mal sehen, wie man günstig drankommt ohne Kreditkarte. Spielt wohl auch zu Beginn der Industrialisierung und hat ganz gute Kritiken bei amazon.

Quote:
Gibt es überhaupt solch eine bedingungs- wie auch hoffnungslose, jedoch trotzdem über einen längeren Zeitraum beständige Liebe bei Männern? Gehört das "Vor-sich-hin-Leiden" nicht zur Frauendomäne? Ist eine solche Liebe nicht immer reine Fiktion?

Emily Bronte´s Heathcliff vielleicht??
Aber jetzt mal ehrlich, in der Realität habe ich so etwas noch nicht erlebt, weder bei Männern noch bei Frauen. Ich kenne Beziehungsprobleme zwar nur aus weiblicher Sicht, aber da habe ich noch nichts erlebt, was ich Männern nicht im selben Maß zutraue.

LG Ria

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"Shelves in the closet - happy thought indeed!"

Johanna
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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 22:16:12  

Quote:
Gibt es überhaupt solch eine bedingungs- wie auch hoffnungslose, jedoch trotzdem über einen längeren Zeitraum beständige Liebe bei Männern? Gehört das "Vor-sich-hin-Leiden" nicht zur Frauendomäne? Ist eine solche Liebe nicht immer reine Fiktion?

Tja liebe Schlumline, dass ist eine Frage, die ich Dir leider nicht beantworten kann. Nur soviel: Ich kenne sie ausschließlich aus Romanen, die aus Frauenhand stammen... und ich bin auch nicht sicher, wie gesund es ist ein solches Thema zu diskutieren wenn ich nicht wieder die umständlichen Mühen des Gemütszustandsemoticonänderns auf mich nehmen will...

Wie dem auch sei, ich habe heut ein wenig weiter gelesen. Ich schätze, ich brauche mir jetzt keine Gedanken mehr um Henry Lennox machen. Es läßt sich zwar nichts wirklich schlechtes über ihn sagen, aber er scheint irgendwie zu gekünstelt und unoffen.

Und dann die Tapete. Rote und blaue Rosen mit gelben Blättern... uuuaaahhhh. Gut dass Mr. Thornton auf weißem Ross daherkam und den Vermieter zur Venunft gebracht hat...

Und noch zwei bis drei Pluspunkte auf der Stilliste der Verfilmung: Bessys Charakter gefällt mir im Film besser. Sie ist da ernstzunehmen und würdevoll und nicht so frömmelnd und greinend. Dito die Mutter. Die kommt im Buch ja schlimmer rüber als Mrs. Bennet. Kann zwar noch kein endgültiges Urteil abgeben, aber die Frau scheint laut Buch ja wohl ein echter Klotz am Bein, bzw man muss sie echt lieben, um sie so wie sie ist ertragen zu können. Und warum man sie lieben könnte hat das Buch bisjetzt nicht gezeigt. Ja. Und dann is da die Sache mit der Kirche. Ich meine dass wirklich nicht böse wenns so klingt, und hoffe dass Sonja mir nicht den Kopf abreisst. Aber diese frömmelnde Aura (oder auch der tiefe Glaube) und die ganzen biblischen Querverweise irritieren mich als gemeinen, unwissenden, und damit nicht aufgewachsenen Atheisten einfach zu sehr.
Das hat Jane Austen besser gelöst, obwohl sie sicher auch tief gläubig war, immerhin hat sie ja auch Gebete verfasst und überhaupt so als Pfarrerstochter...

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Ria
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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 22:34:09  

...ohne Worte...

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schlumeline
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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 22:11:02  

Liebe Ria,

Quote:
wie ich mit einem ständigen Lächeln beobachten muss, schaffe ich es nicht, dich auch nur einen Millimeter von der Glorifizierung dieser Verfilmung wegzubewegen.

Nein, das wirst Du nicht schaffen.

Der Film ist mit Sicherheit nicht perfekt. So wie übrigens jedes Werk von Menschenhand.
Über die Prügel-Szene zum Beispiel müssen wir nicht streiten. Das ist der schwärzeste Punkt dieser Verfilmung. Den Margaret-haßt-Thornton-Effekt hätte man auch anders, viel subtiler erreichen können.

"But... There is a 'but' in it..."

Der Film schafft es, in mir eine Saite anzuschlagen, eine Atmosphäre aufzubauen, wie es bisher keine Verfilmung geschafft hat. Und da bin ich garantiert nicht die einzige. Auch nicht hier im Board
Und das liegt absolut nicht nur an Richard Armitage (An der Stelle kann ich nur für mich sprechen ). Es ist die Komposition aus allem: der schauspielerischen Glanzleistung des gesamten Ensembles, den gewählten Locations, dem Setdesign, der phantastischen Kameraführung/Photographie, dem wundervoll gemäßigten Tempo der Erzählweise und, last but not least, dem genau auf die Szene abgestimmten Soundtrack. Gerade die Filmmusik rundet alles ab und spricht mich daher besonders an.

Ich schwebe wie in einer Seifenblase (Johannas Wortschöpfung, nicht meine). Es ist mir schon fast unheimlich, was dieser Film in mir auslöst. Das läßt einen davor fürchten, was in Zukunft noch auf einen zukommt, wenn oben genannte Mixtur filmtechnisch gesehen noch weiter perfektioniert werden sollte (Wenn das überhaupt möglich ist. Aber das hatte ich auch bei P&P95 gesagt. )

Du wirst mit Sicherheit auch negative Kritiken, auch bei der BBC, finden. Das wäre ja noch unheimlicher, wenn es diese nicht gäbe.
Ich habe bisher allerdings nur negative Kritiken von eingefleischten Gaskell-Fans gefunden, die ihr Lieblingsbuch nicht 1:1 umgesetzt wiedergefunden haben, von Leuten, die, von der Gewalt-Szene geschockt, nie über diese hinausgekommen sind, sowie von absoluten Nicht-Romantikern.

In diesem Sinne...

Quote:
Come on schlumeline, let´s part friends despite our differences

Genau
BTW, keine Ahnung, was die Briten dazu sagen sollen...

Gruß
schlumeline

*** DITO ***

PS: Freu mich übrigens auch schon sehr auf P&P05! Na mal sehen, was Hollywood aus Janes Roman gemacht hat

MierschB
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Geschrieben Montag, Juli 18, 2005 @ 22:20:05  

Hallo Ria,

ich habe mir gerade die ersten beiden Teile von N&S noch mal angesehen... Ich bin heute etwas bedrückt, meine Stimmung ist nicht so, dass ich mir den heiteren P&P an diesem Tag ansehen kann. Ich fand N&S mit seiner schwermütigren Grundstimmung passender. Ich weiß, eigentlich sollte man sich an diesem Tag an Jane Austen denken... Doch ich glaube, sie würde es verstehen... hatte sie doch auch solche Tage, an denen man keine lustigen Menschen ertragen kann...

Wie Du weißt, endet der 2. Teil mit der „Liebeserklärung“ Thorntons an Maggie, die Dich so verwirrt hat. Ich finde sie nun beim erneuten Sehen auch verstörend. Aber eigentlich ist alles ganz "logisch"...

In diesem Antrag kumuliert die Handlung des Films erstmalig und das bisherige Geschehen wird zu einem Höhepunkt gebracht. In den ersten beiden Teilen des Films haben Maggie und Mr. Thornton sich immer wieder aufeinander zu bewegt und sich gleichzeitig abgestoßen: Sie sieht seinen brutalen Angriff auf den Arbeiter... Sie wird begreiflicherweise von diesem Mann abgestoßen. Kaum beginnt sie sein Verhalten zu verstehen, muss sie einen erneuten Ausbruch mit ansehen, diesmal gegen ihren eigenen Vater gerichtet. Gleichzeitig ist sie fasziniert von diesem Mann, der sich selbst unter widrigsten Umständen nach oben gearbeitet hat, und anstatt seine „niedere Herkunft“ schamhaft zu verbergen stolz darauf ist. Er ist, anders als die Männer, die sie vorher kennenlernte, ein Macher, der von sich und dem was er tut, überzeugt ist... und der wenig auf die Meinung der Anderen gibt. – Er dagegen erlebt Maggie als hochnäsige altkluge Schwätzerin, die, ohne die Lage zu kennen, Urteile fällt... Aber er beginnt schon sie zu lieben... Sehr zum Missfallen seiner Mutter und Schwester (ach Darcy, Du wirst ihn verstehen: wie werden Lady Catherine und Miss Bingley Dir in den Ohren gelegen haben! ). - Doch Maggie schlägt sich auf die Seite seiner „Feinde“, die ihn ruinieren wollen. Er hält ihre Freundschaft mit den Arbeitern für eine sentimentale – und gefährliche – Gefühlsduselei. In der Fabrik eskaliert der Streik zu einem Angriff auf die Irischen Arbeiter. Nun zeigt Maggie ihren Mut und ihren Verstand, appelliert an Thornton mit den hungernden und verzweifelten Arbeitern zu reden, sich friedlich zu einigen. Seine schroffe und unbedachte Art bringt aber auch hier die Lage wieder zur Explosion und ein Stein fliegt... Maggie stellt sich mutig neben Thornton und zeigt damit – wie seine Mutter glaubt – der Welt ihre wahren Gefühle für ihren Sohn... Er ist zwar skeptisch, aber ich glaube, er erhofft diese Liebe und lässt sich so leicht überreden, Maggie einen Antrag zu machen... Das ist fast so wie bei Darcy vor seinem Antrag in Hunsford... nun, und ebenso hoffnungslos...

Der Antrag am Ende des 2. Teils bringt das Verhältnis der beiden noch einmal auf den Punkt. Mr. Thornton beginnt – genau wie Darcy - mit so ziemlich dem unpassendsten Thema: Er spricht über ihren „falschen“ politischen Standpunkt (Darcy über ihre „unstandesgemäße“ Verwandtschaft). Er besinnt sich und kommt zu seinem eigentlichen Anliegen. Beide sind voreinander zugleich angezogen und abgestoßen. Sie versuchen sich beide vorsichtig für den anderen zu öffnen – zuerst Thornton, der von seinen Gefühlen zu Maggie spricht, sie ist überrascht und verwirrt und weist ihn ab. Danach versucht sie sich ihm zu öffnen und er reagiert seinerseits schroff ablehnend... Nun, so wie Darcy, muss er lernen, dass er so nicht zum Ziel kommt, und sie muss lernen, dass hinter der schroffen, harten, undurchdringlichen Fassade in der Brust dieses bestimmenden, unsentimentalen, aufbrausenden Mannes ein fühlendes Herz schlägt, dass er einen Sinn für Gerechtigkeit und Würde besitzt... und dass er lernfähig ist...

Ich hoffe, ich langweile nicht...

Schlumeline: Das ist mein Geschenk an Dich am Todestag Jane Austens.

Lass Dich nicht unterkriegen. Ich bewundere Deine Toleranz... und Deine Geduld mit uns Ungläubigen...

Bruki

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(Rudyard Kipling, The Janeites)

Seiten 7 off 13 Seiten: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13